3. Sonntag im Jahreskreis A 2002
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Die katholische Predigtsammlung von Pfarrer Poschenrieder
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3. Sonntag im Jahreskreis 2002 A

Messtexte | Word-Dokument

Als Johannes der Täufer ins Gefängnis geworfen wird, beginnt nun die Zeit des Auftretens Jesu in der Öffentlichkeit. Auch Jesus predigt zu den Leuten: Kehrt um! Das Himmelreich ist nahe!

Im selben Atemzug hält er Ausschau nach Leuten, die ihm nachfolgen könnten. Als er am See von Galiläa entlang wandert, ruft er 4 Fischer, jeweils 2 Brüder, in seine Nachfolge.

Hier geschieht die Berufung sehr eindeutig. Jesus spricht diese Männer direkt an. Er wählt sie aus. In der heutigen Zeit geschehen Berufungen zum Priester- oder Ordensstand selten so eindeutig. Manchmal spricht vielleicht ein Priester, der einen jungen Menschen als geeignet für die Ganznachfolge hält, diesen direkt an. Oftmals aber geschieht Berufung schon vorher, wenn jemand von sich aus unruhig wird, von einem Priester begeistert ist, sich von einem Wort der Heiligen Schrift angesprochen fühlt; wenn er eine feurige Predigt hört oder ein gutes Buch liest. So verspüren junge Menschen meist den Ruf des Herrn.

Die Kirche bestätigt bei der Priesterweihe diese Berufung: Du bist wirklich von Gott erwählt. An jeden Priester ist einmal dieser Ruf ergangen, den wir im heutigen Evangelium gehört haben: Folge mir nach! Jeder Priester hat in seiner Freiheit diesem Ruf geantwortet. Als Jesus Simon und Andreas ruft, folgen sie ihm sogleich und verlassen alles. Auch Jakobus und Johannes verlassen sogleich das Boot und ihren Vater und folgen ihm nach: »Sie ließen ihre Netze liegen.« Das bedeutet: Sie verließen ALLES: nicht nur ihr Boot und den Vater, sondern die ganze Familie und ihren Berufe. Von nun an werden sie andere Netze auswerfen.

Ein wichtiges Wort bei der Berufung der Jünger ist »sofort«. Diese Männer zögern nicht. Wenn Gott ruft, duldet er keinen Aufschub. Wenn wir den Ruf hören, müssen wir auch antworten. Durch Hinausschieben riskieren viele ihre Berufung und verfehlen sie auch. Manche überlegen so lange, bis sie nichts mehr hören, bis sie den Ruf des Herrn nicht mehr wahrnehmen. Sofort haben die Apostel geantwortet. Das heißt aber nicht, dass wir unüberlegt handeln sollen. Aber im Vertrauen auf Jesus dürfen wir diesen Schritt wagen. Wir dürfen uns von seinem Wort begeistern und anstecken lassen, ihm ganz nachzufolgen.

Jetzt ruft Jesus diese Männer. Sie sollen Menschen fischen. So manchen mag dieses Bild vom Menschenfischer vielleicht ein wenig befremden. Da wird man ja gefangen. Aber es ist ein Bild, das zur Zeit Jesu einen Sitz im Leben hatte. Viele Männer waren Fischer. Sie verstanden diesen Vergleich, dass die Apostel die Menschen für Christus gewinnen sollten. Sie hatten gelernt, mit einem Fangnetz umzugehen.

Wofür kann man ein Netz verwenden? Es hält so manches zusammen. Wenn es ein gutes Netz ist, zerreißt es nicht. Das Netz muss auch immer wieder gereinigt werden.

Ab nun werden diese 4 Männer aber mit einem anderen Netz arbeiten. Man kann es gut mit einem Zirkusnetz vergleichen. Das Netz, das sie jetzt auswerfen, soll ein Netz sein, das den Artisten in der Luft Schutz und Sicherheit gibt. Das Netz des Glaubens sollen wir nicht dem Menschen überwerfen, sondern höchstens unterwerfen, sodass er sich nicht verletzt, wenn er abstürzt. Die Priester sollen als Menschenfischer die Netze nicht auswerfen, sondern ausspannen. Die Menschen sollen aufgefangen werden, nicht eingefangen. Der Glaube gibt wirklich so eine Sicherheit.

Jesus gewinnt seine Jünger vor allem durch das liebevolle Anschauen. Liebe beginnt damit, dass wir einander anschauen. Der liebende Blick der Erwählung ist es, der in den Jüngern das Vertrauen weckt und sie in die Nachfolge ruft.

Wie weit sind wir bereit, mit Christus mitzugehen?

Die Apostel konnten sagen: Siehe, wir haben alles verlassen und sind dir nachgefolgt. Was werden wir dafür bekommen? Und Jesus verspricht ihnen: Ihr werdet das Hundertfache empfangen und das ewige Leben gewinnen.

Diese Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen ist ein Geheimnis, das für viele nicht verständlich ist und sogar irrsinnig erscheint. Sie können sich ein Glück in dieser Lebensform kaum vorstellen, weil ihnen der Glaube an das ewige Leben fehlt.

Aber wir alle sind gerufen zur Nachfolge Christi, wenn auch nicht alle in der Weise wie die Apostel, nämlich alles zu verlassen und dadurch Christus nachfolgen. Uns allen ist aufgetragen das Reich Gottes zu suchen; uns Zeit zu nehmen für das Reich Gottes: für das tägliche Gebet, den Gottesdienst, für Dinge, die das Mindestmaß des christlichen Glaubens übersteigen. Wenn wir in dieser Weise das Reich Gottes suchen und in die Nachfolge Christi eintreten, dann wird auch uns das Hundertfache zuteil und das ewige Leben. Amen.


© Pfarrer Christian Poschenrieder 2024