31. Sonntag im Jahreskreis A 2011
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31. Sonntag im Jahreskreis 2011 A

Messtexte | Word-Dokument

»Tut und befolgt alles, was sie euch sagen, aber richtet euch nicht nach dem, was sie tun; denn sie reden nur, tun selbst aber nicht, was sie sagen.« Dieser Vorwurf Jesu an die Pharisäer im heutigen Evangelium erinnert uns an das 8. Gebot »Du sollst nicht lügen!«, über das wir uns jetzt ein paar Gedanken machen wollen.

Es ist nicht schön, wenn wir bei einem Menschen merken, dass sein Reden nicht mit seinem Leben übereinstimmt. Leider gibt es nicht wenige Leute, die es mit der Wahrheit nicht sehr genau nehmen. Zu schnell greift man auch zu den so genannten Notlügen, viel zu oft kommt es zu Übertreibungen oder man erzählt viel zu unüberlegt Dinge, von denen derjenige sich gar nicht ganz sicher ist, ob sie stimmen.

Zu den allerwichtigsten Pflichten gegen den Nächsten gehört aber die Wahrhaftigkeit. Wer das Gebot auf die leichte Schulter nimmt und öfter dagegen verstößt, wird immer weniger vertrauenswürdig. Derjenige, der die Wahrheit liebt und so spricht wie er denkt, selbst wenn er manchmal anstößt, wird im Grunde doch imponieren und beeindrucken. Unwahrhaftigkeit, Verstellung und Heuchelei dagegen wirken immer abstoßend.

Wahrheitsliebe darf man aber nicht mit Schwatzhaftigkeit verwechseln. Matthias Claudius schrieb einmal an seinen Sohn: »Sage nicht immer, was du weißt, aber wisse immer, was du sagst.« Es gibt Leute, die sich schwer tun, etwas Anvertrautes bei sich zu behalten. Sie leiden beim Reden sozusagen an der Diarrhöe! Wenn diese Menschen eine Gesellschaft verlassen, ist es, als ob ein Wasserfall stillstände. Solche Leute können manchmal sehr lästig fallen.

Zu beachten ist bei Unterhaltungen, dass wir erstens nicht immer gleich die innersten Angelegenheiten auskramen, und dass wir zweitens nicht immer nur kritisieren. Wir wollen uns folgende Regel zu Herzen nehmen:

»Nicht tadeln, wo nichts zu bessern ist. Nicht klagen, wo nichts zu ändern ist. Nicht streiten, wo nicht zu überzeugen ist.« Je schwerer einem übrigens das Schweigen oft fällt, desto verdienstvoller kann es sein.

Zu Abraham a Santa Clara kam einmal eine Frau, die sehr fromm sein wollte, aber wegen ihrer scharfen Zunge allgemein bekannt war. Sie klagte darüber, dass sie einen so schwachen Magen habe und daher nicht gehörig fasten könne. »Das macht nichts.«, sagte der berühmte Prediger. »Fasten sie dafür nur mit der Zunge.«

Manchmal ist es Pflicht, einen zurechtzuweisen. Doch beachten wir, dass meistens die Fehler, die wir durch zu viel Reden machen, häufiger sind als die, die durch Schweigen begangen werden und der heilige Ambrosius hat sicher recht, wenn er sagt: »Gar viele sehe ich durch Reden in Sünde geraten, kaum einen mit Schweigen.«

Das heißt natürlich nicht, dass ich das verallgemeinern kann. So mancher war vielleicht schon in einer Situation, in der er den Mund aufmachen hätte müssen und es aber aus Feigheit und Furcht nicht gemacht hat.

Die Wahrheit kann dann freilich oft unbequem sein und man macht sich manchmal unbeliebt, wenn ich sie ausspreche. Andererseits weiß ich bei jemand genau, wie ich dran bin. Wenn wir auch gelegentlich anstoßen, schließlich und endlich wird ein ehrlicher Mensch doch immer respektiert. »Ehrlich währt am längsten« heißt ja ein bekanntes Sprichwort.

So wollen wir uns immer bemühen, wahrhaftig zu sein und die Lüge zu meiden. Nicht dass Jesus das zu uns sagen muss, was er den Pharisäern vorwarf. »Tut und befolgt alles, was sie euch sagen, aber richtet euch nicht nach dem, was sie tun.« Amen.


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