Christtag 2016
www. Predigtdienst.net
Die katholische Predigtsammlung von Pfarrer Poschenrieder
Navigation

Christtag 2016 A

Messtexte | Word-Dokument

„Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.“ Schlicht und einfach ist die Weihnachtsbotschaft des hl. Apostel Johannes: kein Stall, keine Krippe, kein Stern, keine Windeln, keine Engel, keine Hirten, keine Romantik, sondern reine Philosophie: „Das Wort war bei Gott und das Wort war Gott!“, keine konkreten genauen Informationen über den Ort und das Umfeld der Geburt, keine Informationen über Maria, über den hl. Josef, den Pflegevater, keine Informationen über die Volkszählung und über die mühsame Herbergssuche. Aber Johannes bringt einen wichtigen Satz, der die Gottheit Jesu bezeugt: „Das Wort war Gott! Und das Wort ist Fleisch geworden.“ Der allmächtige ewige Gott selbst macht sie klein und wird ein sterblicher Mensch. Der unsterbliche Gott kommt auf die Erde, um uns von unseren Sünden zu erlösen. Wie kann sich ein so großer Gott, so erniedrigen? Die Antwort ist: Gerade weil er so groß und allmächtig ist, kann er das und will er das. Wenn er das nicht könnte, wäre er nicht der allmächtige Gott.

Wenn sie heute den Stall von Bethlehem betrachten, dann sind eigentlich zwei Dinge für unsere Augen besonders klein. Das ist erstens das Kind in der Krippe und das ist zweitens auch der Stern über dem Stall. Von einen Stern, der im Himmelsfirmament leuchtet, wissen wir, dass der Stern in Wirklichkeit viel, viel größer ist. Auch wenn der Stern von Bethlehem besonders hell leuchtete und vielleicht größer war als die anderen Sterne, ist er doch für unsere körperlichen Augen sehr klein im Vergleich zur Wirklichkeit. Je näher wir z.B. mit einem Raumschiff zu diesem Stern hinfliegen würden, desto größer wird er für unsere Augen werden.

Vielleicht kennt der eine oder andere von ihnen das Kinderbuch von Michael Ende „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“. (früher als Puppentheater aufgeführt, Augsburger Puppenkiste) In dieser Geschichte kommt ein Scheinriese vor. Je weiter man sich von ihm entfernt, desto größer scheint und wirkt er. Nur wer sich ganz nahe an ihn heran wagt, erkennt, dass er genauso groß ist wie jeder normale Mensch. Es ist also genau umgekehrt wie in Wirklichkeit. Normalerweise wird jemand kleiner, wenn er sich entfernt. Weil sich aber deswegen, weil er so groß ist, niemand zu ihm hingehen traut, ist dieser Riese (Herr Tur Tur) sehr einsam.

Und bei unserem Gott ist es eigentlich genauso. Es ist zwar ein ganz komischer Vergleich, aber der liebe Gott ist ganz groß, noch viel größer als jeder Riese. Dieser unendlich große Gott kommt auf uns zu und wird ganz klein. Er wird ein normaler Mensch, ja er wird noch kleiner, ein Baby, sodass wir größer sind als er. Wir sehen in der Krippe also keinen Riesen, nicht den großen und allmächtigen Gott, sondern das hilflose kleine Kind.

Der Riese bei Michael Ende war einsam, weil sich keiner zu ihm hingehen traute. Wir aber dürfen zum Jesuskind hingehen und zu ihm kommen, damit das Kind nicht einsam ist. Es wäre traurig, wenn wir uns keine Zeit nehmen würden, wenn wir es nicht beachten würden. Leider erfüllt sich aber immer wieder das, was Johannes in seinem Prolog geschrieben hat. „Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf.“ Die Welt ist sein Eigentum. Wir alle sind sein Eigentum und seine Geschöpfe. Er hat uns erschaffen und wir sollen Jesus aufnehmen, d.h. wir sollen ihn suchen und zu ihm kommen und das Herz für ihn öffnen. Wir wollen ihm in unseren Häusern eine bleibende Stätte anbieten.

Das ist die Botschaft von Weihnachten! Lasst den großen menschgewordenen Gott in euer Haus und freut euch, dass er unsere kleine Menschennatur angenommen hat und dass er sich um uns kümmert, dass wir ihm wichtig sind, dass wir nicht in der Finsternis bleiben, sondern zu ihm ins Licht einmal kommen dürfen. Amen.


© Pfarrer Christian Poschenrieder 2024