23. Sonntag im Jahreskreis 2017 A
Messtexte | Word-Dokument
Hungrige speisen, Durstige tränken, Nackte bekleiden, Kranke pflegen, Gefangene besuchen, Fremde beherbergen, Tote bestatten. Diese 7 Taten nennen wir die Werke der leiblichen Barmherzigkeit. Dann gibt es auch noch die 7 Werke der geistlichen Barmherzigkeit. Sie lauten: Die Sünder zurechtweisen, die Unwissenden lehren, den Zweifelnden recht raten, die Betrübten trösten Unrecht geduldig erleiden, Beleidigungen gern verzeihen und für die Lebenden und Verstorbenen beten. Im Evangelium geht es um den ersten Punkt: die Sünder zurechtweisen.
Die Zurechtweisung ist das Aufmerksam-machen eines anderen auf einen Fehler, auf eine Sünde. Es gibt die brüderliche Zurechtweisung und die autoritative Zurechtweisung. Die brüderliche Zurechtweisung ist uns allen aufgetragen. Die autoritative Zurechtweisung ist Auftrag der Vorgesetzten im Beruf oder auch in der Familie, in der Erziehung der Kinder durch die Eltern.
In der Heiligen Schrift finden wir mehrere Stellen, die von Zurechtweisung sprechen: Schon im Alten Testament heißt es: „Weise deinen Bruder zurecht! Du sollst ihn nicht im Herzen hassen, sondern weise ihn zurecht, so dass du seinetwegen keine Sünde auf dich lädst“. Wir sehen, die Pflicht zur Zurechtweisung kann so ernst sein, dass man schuldig wird, wenn man sie unterlässt. Zurechtweisung kann also sogar Pflicht sein.
Bei der Kreuzigung Jesu finden wir auch einen Fall von Zurechtweisung. Der gute Schächer weist den Bösen zurecht, der Jesus verspottet. „Wir haben es verdient, dass wir leiden, aber dieser hat nichts Böses getan.“
Die Notwendigkeit der Zurechtweisung lässt sich leicht begreifen. Es wäre ein grausamer Mensch, der einen Blinden, der am Rande eines Abgrundes steht, nicht zurückreißt. Da müssen wir warnen und hinweisen: Vorsicht, nicht weitergehen. Wer es vernachlässigt, den anderen zurechtzuweisen, der hat Anteil an seiner Sünde. Und vielleicht geht ja deswegen der Andere verloren und erreicht das ewige Heil deswegen nicht, weil er in der Sünde verharrt.
Die Unterlassung der Zurechtweisung ist eine besondere Versuchung der Vorgesetzten. Warum? Alle Menschen wollen beliebt sein. Durch Zurechtweisung wird man normalerweise nicht beliebt. Da macht man sich immer wieder unbeliebt. Durch Zurechtweisung erwirbt man sich oft keine Freunde, weil Menschen sich oft darüber ärgern. „Der mischt sich ein. Geht ihm nichts an. Hat selber genug Unvollkommenheiten...“. Die Menschen wollen aber Freunde haben. So liegt die Versuchung nahe, die Zurechtweisung zu unterlassen. Auf diese Weise des Schweigens macht man sich keinen Ärger, bleibt beliebt und scheint man sich Ruhe zu verschaffen. Aber dagegen erhebt der heilige Augustinus Einspruch, wenn er sagt: „Alles schleifen lassen und allem durch die Finger sehen, ist nicht Liebe, sondern Feigheit.“
Im Allgemeinen braucht man die Zurechtweisung nur vorzunehmen, wenn auch auf Erfolg zu hoffen ist. Wenn es ganz aussichtslos ist, sind wir nicht verpflichtet zurechtzuweisen. Es ist dann nur eine Empfehlung.
Die Moraltheologen sagen auch noch, dass nur dann eine Pflicht zur Zurechtweisung besteht, wenn die Zurechtweisung moralisch möglich ist. Was heißt das: moralisch möglich? Das heißt: Sie muss zumutbar sein. Sie darf für den Zurechtweisenden nicht eine allzu schwere Last sein. Sie darf ihn nicht zu viel kosten. Sie verpflichtet ihn nicht zu außerordentlichen Opfern, aber die Entschuldigung darf auch nicht zu weit gehen, denn eine Scheu ist bei jeder Zurechtweisung vorhanden. Was von dem Einzelnen gilt, das gilt nicht von den Vorgesetzten. Vorgesetzte müssen tadeln, mahnen, warnen, auch wenn dies vielleicht zu ihrem Schaden ist.
Manche spüren, dass sie von Gott einen Auftrag haben zurechtzuweisen. So hat Johannes der Täufer, der Herodes zurechtwies, dann dafür sogar mit seinem Leben bezahlt.
Die heilige Theresia von Avila sagt dazu: „Bist du über andere gesetzt, so weise niemand im Zorn zurecht, sondern erst, wenn der Zorn vorüber ist.“ Wer aus Zorn zurechtweist, der weckt eher Rache als Reue. Auch die bittersten Wahrheiten können im Ton der Liebe gesagt werden. „Weise niemand zurecht ohne Bescheidenheit und Demut.“ Es empfiehlt sich, vor der Zurechtweisung zu beten, damit der andere offen ist und es annehmen kann. Ohne vorheriges Gebet soll man den Mund in dieser Richtung nicht aufmachen. Gehen wir also vorher ins Gebet und der liebe Gott möge dann helfen, dass wir auch die richtigen Worte dazu finden, wenn wir jemanden zurechtweisen müssen. Amen.