30. Sonntag im Jahreskreis A 2017
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30. Sonntag im Jahreskreis 2017 A

Messtexte | Word-Dokument

In einem Buch ist folgende Geschichte zu lesen. Ein Mann hatte einen Traum. Er stand mit vielen anderen vor dem Richterstuhl Gottes. Einer nach dem anderen musste vortreten und die drei Worte sagen: „Ich liebe Jesus!“, dann konnte er in den himmlischen Hochzeitssaal eintreten. Manche sagten es freudig und mit leuchtendem Gesicht. Andere stockten und verstummten. „Nichts leichter als das“, dachte sich der Mann. Aber je näher er dem Throne Gottes kam, desto mehr spürte er die Augen Gottes in sein Herz gerichtet und desto schwerer schienen die Worte. Nun war er an der Reihe. Er trat vor, er wollte die Worte sagen, aber – er konnte nicht. Denn sie wären in seinem Mund eine Lüge gewesen. Ein Schrei – und er wachte auf.

Auf diesen Traum hin hat er sein Leben geändert.

Die Liebe zu Jesus ist also kein Lippenbekenntnis. Nicht die kommen in den Himmel, die rufen „Herr, Herr!“, sondern die, die den Willen meines Vaters auch tun. Also wie zeigt sich die wahre Liebe zu Jesus? Wer hat die echte Liebe? Es ist der, der die Gebote Gottes auch befolgt. „Willst du in das Leben eingehen, so halte die Gebote“, sprach Jesus. Jesus selbst hat seine Liebe durch eine Liebe der Tat uns gezeigt. Das ist für alle diejenigen ein großer Trost, die immer wieder unsicher sind und sich fragen: „Liebe ich Christus wirklich, weil ich nichts spüre von dieser Liebe?“ Das Gefühl ist nicht das Wesentliche in der Gottesliebe. Wie kann ich dann wissen, ob ich Jesus liebe? Du liebst Christus, wenn du tust, was er von uns fordert. Wenn du dem göttlichen Willen gehorchst, wenn du seine Gebote hältst, wenn du die Nächstenliebe übst, wenn du Eifer für Gott und seine Sache hast, dann hast du Liebe. Du liebst Gott, wenn du Freude an Gott hast, wenn du treu bist im Kampf.

Und im heutigen Evangelium heißt es, dass wir Gott nicht nur einfach so lieben sollen, indem wir nur unsere Pflicht tun, sondern mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele, mit all unseren Gedanken. Jesus möchte alles!

Die heilige Theresia von Lisieux hat dieses „alles“ gelebt. In ihrem Leben gibt es aus der Kindheit die so schöne Begebenheit, bei der sie sich ein paar Spielsachen von ihrer großen Schwester aus einem Korb aussuchen darf. Sie überlegt nicht lange und sagte: Ich wähle alles! Dieses „alles“ hat in ihrem weiteren Leben dann immer wieder eine große Rolle gespielt. Sie hat Jesus auch alles gegeben. Jesus möchte von uns die vollkommene Liebe. Die meisten begnügen sich mit „ein bisschen“. Einen Teil kann er haben. Das tut nicht weh, aber nur nicht zu viel, geschweige denn alles. Und doch ist es in unserem Herzen, dass, wenn wir jemanden lieben, wir uns ihm ganz schenken möchten.

Warum erwartet Gott dieses Liebe mit ganzem Herzen? Weil er auch uns ganz geliebt hat. Er hat seinen Sohn gesandt, der sich mit seinem Leben ganz für uns hingegeben hat am Kreuz. Mehr konnte er nicht geben.

Das gilt nicht nur für Priester und Ordensberufe, sondern das kann ich in einer Familie auch leben. Ich kann so leben, dass Gott immer Priorität hat. Weil er mir so große Liebe gezeigt hat, möchte auch ich ihm meine ganze Liebe schenken.

Das war im AT so, und das hat sich nicht geändert. Jesus hat diese beiden Gebote, Gottes- und Nächstenliebe in das sogenannte Doppelgebot der Liebe verpackt, weil sie untrennbar sind. Wer die richtige Gottesliebe hat, wird auch den Nächsten in der Tat lieben und umgekehrt: Wer den Nächsten liebt, der sieht Gott im Nächsten und wird auch seinen Herrn und Heiland entsprechend lieben. Amen.


© Pfarrer Christian Poschenrieder 2024