7. Sonntag im Jahreskreis A 2017
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7. Sonntag im Jahreskreis 2017 A

Messtexte | Word-Dokument

„Ihr sollt also vollkommen sein, wie es auch euer himmlischer Vater ist.“ Dem Heiland geht es in der Bergpredigt um die Vollkommenheit, d.h. anders ausgedrückt um die Heiligkeit. Ohne Heiligkeit können wir nicht in den Himmel kommen, denn Gott ist der Heilige, der vollkommen Heilige, und bei ihm hat keine Sünde Platz. Daher müssen wir alle uns bemühen, heilig und vollkommen zu werden.

Es geht in der heutigen Predigt um diese Vollkommenheit. Nicht nur Jesus spricht öfter von diesem Ideal der Vollkommenheit. Denken wir nur an den reichen Mann, der die Gebote hält und zu dem er dann sagt: „Willst du vollkommen sein, dann verkaufe alles, was du hast und folge mir nach.“ Auch in den Briefen des heiligen Paulus und in den anderen Briefen der Apostel wird immer wieder davon gesprochen. Im Jakobusbrief heißt es: „Wenn euer Glaube echt ist, wirkt er Geduld, die Geduld aber wird zur Vollkommenheit führen.“ Im Kolosserbrief schreibt Paulus: „Vor allem aber pflegt die Liebe, die das Band der Vollkommenheit ist.“ Geduld und Liebe als Weg zur Vollkommenheit! Beides müssen wir üben.

Auch die Kirchenväter ermuntern uns nach dieser Vollkommenheit zu streben. Der hl. Augustinus sagt z.B. darüber: „Die Vollkommenheit des Menschen besteht darin, zu sehen, dass er unvollkommen ist.“ D.h. nicht, dass wir uns nicht mühen müssen, sondern die eigene Einsicht unvollkommen zu sein, ist die Grundvoraussetzung auf dem Weg der Vollkommenheit. Wer nicht seine Fehler und Sünden sieht, wer meint, er sei schon heilig, der braucht nicht an sich zu arbeiten, der braucht sich nicht zu bemühen und der wird sich wahrscheinlich auch nicht bessern und vollkommen werden. Auf den Punkt gebracht hat es der Apostel Johannes, der im 1 Johannesbrief 1,8 schreibt: Wer sagt, er habe keine Sünden, ist ein Lügner.

Wir müssen uns also bewusst machen, dass wir, wenn wir vollkommen werden wollen, uns auf den Weg machen müssen. Niemand wird aber auf direkten Weg vollkommen. Wenn wir auf einen Berg steigen, gehen wir nicht den direkten, steilen Weg, sondern die Wege führen im Zickzack hinauf. Es kann also niemand an einem Tag vollkommen werden, aber an jedem Tag soll man vollkommener werden. Weitere Sätze, die diesen Gedanken ausdrücken, sind: Wer eine Leiter hinaufsteigen will, muss bei der untersten Sprosse anfangen. Und: Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen.

Im heutigen Evangelium bringt Jesus Beispiele, die wir üben können, wenn wir uns fest entschlossen haben, vollkommen zu werden. Das sind keine leichten Sachen, die er da verlangt: Den Feind lieben, nicht nur den Nächsten! Die andere Wange hinhalten! Auch noch den Mantel geben! Eine zweite Meile mit einem gehen.

Die Welt lehrt hier einen anderen Weg, denn das alles scheint auf den ersten Blick unvernünftig. Viele werden solche  Menschen bemitleiden, die in allem nachgeben und sich nicht wehren.

Ich sage ihnen heute aber, dass gerade dieser Weg glücklich macht und auch Erfolg bringt schon hier auf dieser Welt.

Ich habe selber schon so schöne Erfahrungen machen dürfen. Ich bin einmal recht scharf angegriffen und attackiert worden und als ich eigentlich nachgegeben habe, obwohl ich im Recht war, kam der andere zum Nachdenken und es ging gut aus.

Seid also vollkommen. Schon im AT wird dies gefordert im Buch Levitikus, wo es heißt: Seid heilig, wie ich, euer Gott heilig bin.

Aber noch einmal. Das geht nicht von heute auf morgen. Hier braucht es Geduld. Aber eben nicht stehen bleiben. Keiner soll sagen: Jetzt genügt es. Ich bin jetzt schon gerecht. Dann bleibt er stecken. Vielleicht könnte man wagemutig sagen. Wer nach Vollkommenheit strebt, das heißt bereits vollkommen zu sein. Denn wer nach Vollkommenheit strebt, der hat Sehnsucht vollkommen zu sein. Diese Sehnsucht ist Gebet. Und wenn es ein beständiges Sehnen ist, so ist es ein beständiges Gebet. Und damit erfüllen wir den Auftrag. Betet allezeit. Ist uns nicht oftmals diese Sehnsucht nach Vollkommenheit in der heutigen Zeit abhandengekommen? Im Herzen diese Sehnsucht sich bewahren! Ich will heilig werden. Ich will in den Himmel kommen. Ich will für immer einmal bei Gott sein. Nur wer sich diese Sehnsucht bewahrt, der wird auch einmal diese Sehnsucht erfüllt sehen. Amen.


© Pfarrer Christian Poschenrieder 2024