Karfreitag A 2017
www. Predigtdienst.net
Die katholische Predigtsammlung von Pfarrer Poschenrieder
Navigation

Karfreitag 2017 A

Messtexte | Word-Dokument

„Seht, da ist der Mensch!“ Mit diesen Worten zeigt Pilatus Jesus der Menschenmenge. Da steht euer König. Ein Mensch mit zerschundenem Körper, gefoltert, gegeißelt, von allen verlacht und verspottet – ein Verrückter, der sich für einen König hält. Aber Pilatus sagt nicht: Seht, da ist ein Verrückter. Seht da ist ein Krüppel. Seht, da ist ein Verbrecher. Nein, Pilatus stellt Jesus in die Mitte mit den Worten: Seht, da ist der Mensch.

Was ist das für ein Mensch? Er ist der Gottmensch, der Sohn Gottes, der auf die Welt kam, um uns zu erlösen. Der das Leiden und das Kreuz auf sich genommen hat, um uns zu erlösen. Dieses Leiden Christi wollen wir heute ein wenig betrachten.

Seine Leiden waren nicht nur die körperliche Leiden; die Geißelung, die Dornenkrönung, das Kreuztragen, die Annagelung, usw., sondern die noch größeren Leiden waren die seelischen Leiden: die Verspottung, das Ringen am Ölberg, die Gottverlassenheit am Kreuz: Mein Gott, warum hast du mich verlassen.

Doch die größten Leiden, das waren die Leiden, die ihm durch unsere Sünden zugefügt wurden. Die Sünden aller Zeiten hat er gelitten. Er hat unseretwegen gelitten. Wenn wir dieses Leiden betrachten, kann das in uns mehrere Reaktionen hervorrufen.

1. Wenn wir uns das alles ganz tief bewusst machen, wird es in uns erstens großes Mitleid wecken. Wir werden Anteil an seinem Leiden nehmen. Beim Tod Jesu hat sogar die ganze Natur Anteil genommen und Zeichen gesetzt: Die Erde bebte, die Felsen zersprangen, die Gräber öffneten sich, der Vorhang im Tempel zerriss und die Sonne verfinsterte sich. Wenn wir also das Leiden Jesu betrachten, führt das erstens zum Mitleid mit Jesus.

2. Aus der Betrachtung des Leidens ergibt sich tief Reue über die Sünden. Das Leiden Jesu zeigt uns die Schwere der Schuld, die gesühnt werden musste. Da ist auch unsere Schuld dabei. Wenn wir dann Reue, besonders die Liebesreue über unsere Sünden empfinden, wird Gott ihrer nicht mehr gedenken.

3. Das Leiden Christi soll uns drittens zu einer recht innigen Gottesliebe entflammen. Das Leiden Christi hat deshalb stattgefunden, weil er uns liebt. „Lasst uns darum Gott lieben, weil er uns zuerst geliebt hat.“

Die Liebe, die er uns in seinem Leiden erwiesen hat, ist sogar ein Übermaß an Liebe, weil er nicht bloß für seine Freunde starb, sondern auch für seine Feinde und weil ein Tropfen Blut genügt hätte, um uns zu erlösen. Er ist ja Gott und da hätte das Geringste seiner Werke unendlichen Wert.

Zeigen wir ihm also unsere Gegenliebe nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten, so wie er es getan hat.

Er wurde verachtet, verdemütigt und erniedrigt und wir? Er hat sich hingegeben am Kreuz. Auch wir wollen uns hingeben, in dem sein heiliger Wille an uns in Erfüllung gehen möge.

4. Das Leiden Christi muss uns ferner anregen zu einer innigen Dankbarkeit!

Gott hat Wohlgefallen an der Dankbarkeit des Menschen. Wir kommen zu einer großen Dankbarkeit, wenn wir uns bewusst machen, dass Jesus auch für mich allein gelitten hätte und gestorben wäre. So wie die Sonne nur für mich allein scheint. Dass die Sonne auch für andere scheint, mindert nicht die Wärme für mich. Jesus wäre auch für dich ganz allein gestorben. Er hat auch an dich gedacht, als er am Kreuz hing. Er hat dich mit ewiger Liebe geliebt. Wenn wir dankbar sind, werden wir neue Gnaden auf uns herabziehen und geschenkt bekommen.

5. Es lässt uns dieses Geheimnis staunen und weckt die Bewunderung, dass Gott, der leidensunfähig und unsterblich ist, für uns leidet und stirbt, dass er für die leidet, die ihn verurteilt haben, dass es so große und entsetzliche Schmerzen waren, dass es ein Übermaß der Barmherzigkeit war. Wir dürfen daher ein ganz großes Vertrauen haben, die tiefe Barmherzigkeit Gottes erkennen.

Das Betrachten des Leidens Christi soll uns letztendlich zu seiner Nachfolge anregen, sodass auch wir das Leiden nachahmen, besonders die Tugenden, die da zu Vorschein kommen: seine Demut (trotz seiner Würde hat er sich so erniedrigt), die Geduld, der Gehorsam, die Liebe.

Auch wir wollen nicht immer gleich jammern und das Leiden und das Kreuz von uns schieben, sondern mit Jesus das Kreuz tragen, damit wir auch mit ihm Auferstehung feiern können. Amen.


© Pfarrer Christian Poschenrieder 2024