2. Ostersonntag A 2017
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2. Ostersonntag 2017 A

Messtexte | Word-Dokument

„Die drei Fehler des Thomas.“ So möchte ich die heutige Predigt betiteln. Eigentlich kann ich mich in den Apostel Thomas sehr gut hineindenken. Er ist mir sogar in einem gewissen Sinn sympathisch, und ich bin froh, dass es ihn gegeben hat. Denn dadurch haben wir dieses schöne Zeugnis von ihm. Nur wegen ihm gibt es uns dieses schöne Erlebnis des Auferstandenen mit dem Zweifler. Jesus lässt sich sogar von Thomas anfassen, berühren und begreifen, damit er glauben kann. Es ist für uns aufgeschrieben, die nicht sehen und doch glauben sollen. Thomas war eben einer, der sich so schnell nichts vormachen lässt und doch hat er drei Fehler gemacht.

Der erste Fehler ist der, dass er sich anstecken ließ von der falschen Messiasvorstellung, die dem Judas zum Verhängnis wurde. Der Messias soll ein politischer Messias sein, der das Land von den Römern befreit, und zwar mit Gewalt. Sie erwarteten einen politischen König, der sie mit irdischer Macht in die Freiheit führt. Und dann so etwas: Jesus wird verspottet, ein Spottkönig! Auf dem Kreuz steht der Grund der Verurteilung: Jesus von Nazareth, der König der Juden. Die Soldaten haben ihm eine Dornenkrone geflochten und ihm aufs Haupt gedrückt. Sie haben ihm einen Umhang als Königsmantel übergestülpt und ein Rohr in die Hand gedrückt, als Zepter. Die Römer wussten es sehr wohl, dass die Juden einen Befreier erwarteten, der ihnen als König vorausgehen wird. Von diesem falschen Messiasbild hat er sich schwer trennen können. Das war sein erster Fehler, dem aber fast alle verfallen waren.

Den zweiten Fehler hat nur er gemacht. Er hat sich von der Gemeinschaft getrennt. Seine Trauer war so groß, dass er allein sein wollte. Er war nicht dabei, als die Jünger versammelt waren und als ihnen Jesus erschien. Warum hat er sich abgewandt? Warum hat er sich nicht mit den anderen getroffen? Es hätte ihm doch gut getan in seiner Trauer. Man kann sich gegenseitig trösten. Wie wichtig wären in dieser Phase Gleichgesinnte gewesen, die sich gegenseitig aufbauen und die zu ihm vielleicht gesagt hätten: „Trotz allem glauben wir an unseren Meister und lassen uns nicht davon abbringen. Es hat wohl alles so an ihm geschehen müssen, wir sehen es zwar jetzt noch nicht ein, aber es wird sicher seinen ganz tiefen Sinn gehabt haben. Jetzt müssen wir zusammenhalten, zusammenstehen.“ Aber nein,  Thomas zieht sich in den Schmollwinkel zurück. Er irrt einsam und verstört umher und meidet die Gemeinschaft. Das war wohl sein größter Fehler: dass er sich von der Gemeinschaft getrennt hat. Er wollte mit seiner Not alleine fertig werden. Wie viele machen in der heutigen Zeit den gleichen Fehler, dass, wenn sie Glaubensprobleme haben, die Gemeinschaft der Gleichgesinnten meiden, sich von den Glaubenden trennen, von der Glaubensgemeinschaft der Kirche.

Der dritte Fehler des Thomas war sein Zweifel. Er weigerte sich, dem Zeugnis seiner Mitapostel glauben zu schenken. Sie berichteten freudestrahlend: Wir haben den Herrn gesehen. Und er glaubte ihnen nicht. Dieses eigensinnige und trotzige Verhalten war sicherlich auch nicht richtig. Er stellt sogar noch Forderungen. Gegenüber seinen Freunden war das sicherlich auch ein Unrecht, denn sie sind doch nicht leichtgläubig gewesen. Sie sind doch ernst zu nehmen und hätten verdient, dass man ihnen glaubt. Und das gibt es heute natürlich auch, dass man nicht mehr vertraut auf das Zeugnis der Freunde, die doch glaubwürdig sind. Wir haben so viele Heilige, die den Glauben vorgelebt haben und die glaubwürdige Zeugen der Auferstehung sind. Thomas konnte ihnen das nicht abnehmen, was sie da erzählten: dass Jesus auferstanden ist.

Wir aber wollen den Satz Jesu ernst nehmen: Selig sind die, die nicht sehen und doch glauben. Wir sehen Jesus nur verborgen in der Gestalt des Brotes. Aber wir haben diese ernstzunehmenden Zeugen, und wir haben auch den heiligen Thomas, der sich schwer getan hat und den Jesus die Gnade zuteil werden ließ, dass er ihn sogar berühren durfte. Jetzt konnte er glauben: Mein Herr und mein Gott. Das soll auch unser Glaube sein. Jesus ist unser Herr und unser Gott, der stärker ist als der Tod, der den Tod besiegt hat und der, weil er Gott ist, von den Toten auferstehen konnte. Amen.


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