4. Fastensonntag A 2020
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4. Fastensonntag 2020 A

Messtexte | Word-Dokument

Wir sind Augenmenschen! Dies merken wir oft in unserem Sprachgebrauch. Ein Baby erblickt das Licht der Welt. Hast du keine Augen im Kopf. Manchmal hat es jemand auf uns abgesehen. Er will uns hinters Licht führen, uns die Sicht nehmen. Die Augen für immer schließen. Aussicht auf Erfolg. Usw. Auch die Wörter „ein Versehen“ und „keine Absicht“ deuten daraufhin. Also, sie sehen, es ist ganz ersichtlich, dass wir Augenmenschen sind.

Ich darf mit einem Vierzeiler vom bekannten Dichter Eugen Roth das humorvoll verdeutlichen. Diese Sammlung von kleinen Gedichten beginnen immer mit „ein Mensch“.

„Ein Mensch erblickt das Licht der Welt.
Doch oft hat sich herausgestellt
nach manchem trüb verbrachten Jahr,
dass dies der letzte Lichtblick war.“

Im Evangelium ist nun einer von Geburt an blind. Obwohl er lebt, hat er das Licht der Welt nie erblickt. In seinem Leben ist es niemals hell geworden.

Er muss sich den Verdacht gefallen lassen, dass ihn nur die gerechte Strafe trifft für verborgene Familienschuld. Wer hat gesündigt? Für uns ist das vielleicht im ersten Augenschein klar: Natürlich niemand. Doch sind wir vorsichtig. Falls uns ein Schicksalsschlag trifft und wir leiden müssen, kommt es nicht doch oft auch vor, dass jemand fragt, warum gerade ich? Warum passiert das ausgerechnet mir? Und schon hat dieses persönliche Leid mit der Frage nach Gott zu tun und auch die Redewendung: „Kleine Sünden bestraft der liebe Gott sofort“ deutet darauf hin, dass dieses alte Denken tief in uns noch vorhanden ist und dass es ja auch manchmal stimmt. Wenn ein Kettenraucher an Lungenkrebs erkrankt, werden wahrscheinlich doch plötzlich Stimmen laut, die sagen, er ist selbst schuld. Er hat nicht auf seine Gesundheit geachtet.

Doch immer kann man es eben nicht anwenden. Und Jesus bestätigt es selbst und sagt: Weder er noch seine Eltern haben gesündigt. Das Wirken Gottes soll an ihm offenbar werden.

Wenn wir nun die Art und Weise der Heilung betrachten, merken wir, dass Jesus verschiedene Zeichen vornimmt. Wenn er einen Teig aus Erde und Spucke formte, war dies nicht neu: Speichel wurde in der antiken Medizin bei Augenleiden verwendet. Und das Lecken von Wunden ist auch heute noch bekannt, nicht nur im Tierreich.

Der Lehmteig erinnert sehr an die Schöpfungsgeschichte, bei der Gott den Menschen aus Erde formt. In der heutigen Stelle formt Jesus einen Menschen neu, weil er Mitleid mit ihm hat.

All diese äußeren Zeichen finden wir wieder in den Sakramenten. Besonders werden wir bei diesem Heilungswunder an die Taufe erinnert. Wir sind alle durch die Taufe sehend im Glauben geworden. Der Priester salbt uns bei der Taufe mit Chrisamöl und berührt unseren Mund und unsere Ohren. Das sind auch alles äußere Zeichen. Der Blindgeborene wäscht sich im Teich und das Wasser wäscht die Blindheit weg. Er wird sehend, wirft sich sogar vor Jesus nieder und bekennt: Ich glaube, Herr!

Ich möchte am Schluss der Predigt hinweisen auf die erste Heilung in Lourdes. Dort war auch das erste Wunder mit diesem Wasser eine Blindenheilung. Auch dieser hat sicherlich auf Grund seiner Heilung geglaubt.

Doch einmal sagt Jesus auch zu Thomas: Selig, die nicht sehen und doch glauben. Alle, die nicht aufgrund einer Heilung glauben, die bei diesen Heilungen nicht sehend dabei waren, sind selig. Wir glauben aufgrund von Zeugen. Jesus ist das wahre Licht. Durch ihn kommen wir zum wahren Licht in der Ewigkeit. Glauben wir an das Licht der Welt, das zu uns gekommen ist, damit wir einmal zu ihm kommen können. Amen.


© Pfarrer Christian Poschenrieder 2024