25. Sonntag im Jahreskreis A 2020
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25. Sonntag im Jahreskreis 2020 A

Messtexte | Word-Dokument

„Das ist ja voll ungerecht.“ Vielleicht haben sie diesen Satz auch schon einmal von Kindern gehört, die sich z.B. benachteiligt fühlen. Auch in der Schule hört man diese Aussage manchmal, wenn der Lehrer nicht ganz gerecht handelt.

Auch bei unserem Gleichnis müsste man sagen: „Das ist ja voll ungerecht.“ Der Letzte, der nur eine Stunde gearbeitet hat, kriegt genauso viel wie alle anderen, egal wie viele Stunden sie gearbeitet haben. Warum erzählt Jesus so ein Gleichnis? Was will er damit sagen?

Viele erklären es folgendermaßen: Es wir zum Beispiel verglichen mit Kindern, die der Mutter geholfen haben und am Schluss ein Eis bekommen. Da bekommt jeder ein Eis, auch die, die nicht so lange geholfen haben, weil die Mutter alle Kinder liebt.

Das ist eine Möglichkeit, aber ich habe noch zwei andere Zielrichtungen vor Augen.

  1. Dem lieben Gott gefällt die Reaktion der Menschen nicht, die ja genau das bekommen haben, was ausgemacht ist: nämlich einen Denar. Sie schauen auf die anderen und sind neidisch. Der Neid gehört zu den sogenannten 7 Hauptsünden. Früher hat man sogar Todsünden gesagt. Der Neid zerfrisst einen. Wenn ich immer schaue, was der andere hat, werde ich nie mit mir selbst zufrieden sein. Dann muss ich immer mehr haben und werde nie glücklich sein, sondern werde nie genug haben. Manche können dadurch sogar körperlich krank werden. Die Seele ist es sowieso.
  2. Die zweite Stoßrichtung des Gleichnisses ist die Auslegung, was Jesus eigentlich mit dem einen Denar meint. Damals war ein Denar soviel Geld, dass jemand einen Tag gut leben kann. Im übertragenen Sinn ist der Denar aber was? Er ist das Himmelreich. Gott verspricht die Belohnung am Ende unseres Lebens. Und er kann nur einen Denar versprechen. Jeder, der den Ruf Gottes hört, seine Werbung hört und ihm folgt, wird zu ihm in den Himmel kommen. Er wird mit diesem Denar belohnt werden. Dann ist es eben nicht mehr ungerecht, wenn einer, der erst am Ende seines Lebens zu Gott findet und für ihn arbeitet, d.h. sich bekehrt, auch diesen Denar bekommt. Gott wirbt das ganze Leben, dass wir an ihn glauben und dass wir in seine Kirche kommen. Er möchte uns mit diesem einen Denar, d.h. mit dem Himmelreich, belohnen. Das ist das Größte, was er uns schenken kann. Wir werden am Ende nicht unglücklich sein, wenn wir „nur“ diesen einen Denar bekommen. Das ist alles, was uns Gott geben kann. Und wenn, so wie der rechte Schächer am Kreuz, sich jemand in der Todesstunde zu Gott bekehrt, sagt Jesus zu ihm ebenfalls: „Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein!“ Man könnte auch hier sagen: „Das ist ja voll ungerecht.“ Dieser böse Mensch hat sein ganzes Leben nur Schurkereien getrieben. Er war ein Verbrecher, hat nichts Gutes getan, hat so und so viele Menschen getötet und verdient den Tod am Kreuz. Er bereut aber seine Sünden mit den Worten: „Jesus, denk an mich, wenn du in dein Reich kommst.“ Dieser Satz ist entscheidend, sodass Jesus ihm die ewige Glückseligkeit verspricht: „Noch heute wirst du bei mir im Paradiese sein.“ Er wird mit dem einen Denar, mit dem Himmelreich, belohnt und das ist nicht ungerecht, sondern wir alle freuen uns, dass auch er noch diesen Sprung geschafft hat und gerettet wurde. Im Himmelreich werden wir einmal mit diesem Denar, mit diesem Glück, erfüllt sein. Die heilige Theresia von Lisieux bringt es auf den Punkt, wenn sie originell formuliert: „Gott kann alles, aber er kann nicht rechnen, er kann nur lieben.“ Gott sei Dank hat bei ihm jeder noch eine Chance, auch am Ende des Lebens. In der letzten Stunde wirft Gott nochmals seine Netze aus und geht nochmals auf den Markt, um Leute anzuheuern. Wir brauchen nicht neidisch sein, wenn sich da noch jemand findet. Für Neid ist im Himmel kein Platz, weil ich von Gott ebenso beliebt bin wie jeder andere. Schauen wir also nicht so sehr auf die anderen, sondern schauen wir auf uns selbst. Hören wir den Ruf Gottes, wenn er zu uns spricht und uns in seinen Weinberg ruft. Freuen wir uns, wenn wir die ausgemachte Belohnung, den Himmel, am Abend unseres Lebens geschenkt bekommen. Amen.

© Pfarrer Christian Poschenrieder 2024