30. Sonntag im Jahreskreis A 2020
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30. Sonntag im Jahreskreis 2020 A

Messtexte | Word-Dokument

Es geht im heutigen Evangelium um das wichtigste Gebot unseres Glaubens. Ein Gesetzeslehrer stellt Jesus diese Frage, was das erste Gebot ist. Jesus fasst die 10 Gebote zusammen zum Doppelgebot der Liebe: Du sollst Gott und den Nächsten lieben. Das ist das wichtigste Gebot.

Wir sind noch im Monat Oktober, dem Monat der Weltmission. Letzten Sonntag war der Weltmissionssonntag. Viele Missionare sind in die ganze Welt hinausgezogen und tun das auch heute noch, weil sie Gott und den Nächsten lieben. In ihrem Innersten fühlen sie sich gedrängt, die Frohe Botschaft zu verkünden, weil sie dieses wichtigste Liebesgebot in die Tat umsetzen wollen.

Die Gottesliebe zeigt sich, wenn wir beten, wenn wir in die hl. Messe gehen, wenn wir ihn loben und preisen, wenn wir ihn anbeten, wenn wir nicht fluchen usw.

Die hl. Mutter Teresa, die den Orden der Missionare der Nächstenliebe gegründet hat, hat ihren Schwestern vorgeschrieben, jeden Tag eine Stunde Anbetung zu halten, d.h. eine Stunde beim Herrn zu sein. Sie war überzeugt, dass das die Voraussetzung ist, den schwierigen Arbeitstag bei den Ärmsten der Armen in den Slums von Kalkutta gut zu überstehen. Die Schwestern brauchen das Gebet, damit sie die Kraft haben, diesen Armen die Liebe Gottes zu zeigen und das zweite Gebot zu halten, das dem ersten gleich ist: die Nächstenliebe zu leben und zu üben; den Armen zu helfen, für sie zu sorgen und wenn sie krank sind, sie gesund zu pflegen.

Umgekehrt ist es aber auch so, dass wir, wenn wir z.B. gerade auf dem Weg zum Gebet und zur hl. Messe sind und jemanden in Not sehen, nicht daran vorübergehen und zu uns sagen dürfen: „Ich habe jetzt eine Gebetsverpflichtung. Ich muss in die Messe gehen. Diesem Armen kann ich deswegen nicht helfen.“ Ich kann nicht zu mir sagen: „Ich habe jetzt keine Zeit für den Armen, Gott wartet auf mich.“ Nein, Gott wartet auf dich im Armen.

Denkt an den barmherzigen Samariter! Dieser hat geholfen! Der Priester und der Levit, die vom Gebet kamen, von Jerusalem und vielleicht noch im Gebet vertieft waren, sind vorbeigegangen. Wenn wir so handeln, dann läuft das Gebet schief. Das ist nicht das richtige Beten. Wir können und müssen im Nächsten Jesus sehen, und diese Nächstenliebe, die wir hier konkret üben, ist dann reinste Gottesliebe. Im Nächsten ist Gott. Wir haben berühmte Beispiele: Z.B. den heiligen Martin, der den Mantel teilte und Jesus im Traum mit der anderen Hälfte seines Mantels sieht usw.

Wahre Gottesliebe ohne Nächstenliebe gibt es nicht. Nächstenliebe ohne Gottesliebe ist reiner Humanismus.

Ich möchte Ihnen als Abschluss noch eine humorvolle Episode von den Mutter Teresa Schwestern erzählen. Es geschah in Armenien, wo die Mutter Teresa Schwestern eine Niederlassung hatten. Eines Nachts im tiefsten Winter hörten sie im Haus ein Geräusch. Ein Einbrecher war da, der Geld forderte. Sie hatten aber keines. Dann wollte er etwas zu essen. Gut, das machten sie und gaben ihm verschiedene Sachen. Zufrieden lief er nun den Weg, den er gekommen war, zurück. Das war der Weg durch die Kapelle. Da rief er: „Euer Gott wird mir nie verzeihen.“ Eine Schwester antwortete darauf: „Doch, das wird er schon, wenn Sie ihn um Verzeihung bitten.“ Im Hinausgehen meinte er zu den vor Kälte zitternden Schwestern: Sie müssen die Tür hinter ihm zumachen. Die Tür ging aber nicht zu, weil er sie aufgebrochen und dabei beschädigt hatte. Als er die Hilflosigkeit der Schwestern bemerkte, ließ er sich von ihnen einen Hammer bringen und begann, die Türe zu reparieren. Kaum war sie in Ordnung, nahm er seine Beute und lief davon.

Ein Einbrecher, der im Herzen während der Tat doch auch Nächstenliebe hat, ist sehr selten. Die Kapelle erinnerte ihn sogar an die Gottesliebe, und er erkennt, dass er sehr fern von Gott ist. Es scheint aber auch, dass er gar nicht so fern ist von Gott, weil sein Gewissen die Stimme Gottes hört. Ich denke, es nicht viel braucht, dass er umkehrt. Die Schwestern haben sicher viel für ihren Einbrecher gebetet, dass er erkennen möge, dass Gott ihn liebt, und dass er die verzeihende Liebe Gottes annehme und selbst ein Mensch wird, der viel Gottes- und Nächstenliebe im Herzen trägt und in die Welt hinausstrahlt. Amen.


© Pfarrer Christian Poschenrieder 2024