7. Ostersonntag A 2020
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7. Ostersonntag 2020 A

Messtexte | Word-Dokument

Das sogenannte Hohepriesterliche Gebet Jesu im Abendmahlssaal ist ein nicht leichter Text für eine Predigt. Einen Satz möchte ich herausgreifen. Jesus sagte: „Das aber ist das ewige Leben: dass sie dich, den einzigen wahren Gott, erkennen und den du gesandt hast, Jesus Christus.“ Das ewige Leben, von dem Jesus spricht, ist natürlich der Himmel. Es ist das für immer „bei Gott sein“. Es ist die glückselige Anschauung Gottes in der Ewigkeit. Unsere Vorstellung vom Himmel ist die, dass man dort unendlich glücklich ist, dass alle Wünsche erfüllt sind, dass wir uns wohl fühlen, usw. Und nun sagt Jesus, dass das ewige Leben ist, Gott zu erkennen. Das klingt nun nicht sehr erstrebenswert und anziehend auf den ersten Blick. Ist so ein Himmel attraktiv, verlockend und reizvoll oder ist das nicht langweilig und fad, wenn wir im Himmel „nur“ Gott erkennen?

Aber denken wir ein wenig über diesen Ausdruck nach: „Gott erkennen ist das ewige Leben“. Im ersten Buch der Heiligen Schrift, im Buch Genesis, heißt es: Adam erkannte seine Frau, sie wurde schwanger und sie gebar Kain. Dieses „Erkennen“ ist die Voraussetzung, dass es mit dem Menschengeschlecht weitergeht. Dass jemand im Himmel heiratet und Kinder kriegt, wird es nicht mehr geben. Die Anzahl der Menschen ist dort erfüllt. Aber dieses Erkennen findet statt beim Liebesakt. Es hat etwas mit Liebe zu tun. Dieses Erkennen finden wir wieder beim Gespräch des Erzengels Gabriel mit Maria: Maria sagte: „Wie soll das geschehen, da ich keinen Mann erkenne?“ Maria weiß, dass die Voraussetzung der Weitergabe des Lebens, das Erkennen ist. Sie drückt es mit dem Wort „erkennen“ aus. Und es ist ein Liebesgeheimnis. Wenn ich jemanden tatsächlich liebe und lieben will, muss ich ihn kennen. Was ich nicht kenne, kann ich nicht lieben. Ich werde aber die andere Person nur dann lieben, wenn ich erkenne, dass die Person gut ist und sich um die Liebe bemüht. Je mehr ich erfahre und erkenne, dass die Person danach strebt, die Sünde zu meiden, die Nächsten- und Gottesliebe zu üben und diese Liebe im Leben umsetzt, desto mehr werde ich diese Person lieben. Da nun der liebe Gott unendlich gut ist und die Liebe in Vollkommenheit ist, werden wir unendlich glücklich sein, wenn wir ihn in der Ewigkeit wirklich kennenlernen und „erkennen“.

Nachdem Maria zum Erzengel Gabriel sagte „Mir geschehe wie du gesagt hast!“ und damit ihre Zustimmung zur Menschwerdung Gottes gab, heißt es, dass sie vom Heiligen Geist empfing. Man könnte jetzt auch sagen: Der Heilige Geist erkannte sie, und sie erkannte den Heiligen Geist. Es ist praktisch schon ein Stück Himmel auf Erden für die Gottesmutter, denn wenn das ewige Leben ist, Gott zu erkennen, dann ist das schon ein Stück erfüllt in diesem Augenblick, als sie vom Heiligen Geist empfing.

Wie ist oft eine Frau glücklich, wenn sie ein Kind empfängt und auf die Welt bringt. Umso mehr werden wir glücklich sein, wenn wir einmal alle den Heiligen Geist empfangen und erkennen.

Ich bin damit beim Heiligen Geist, den wir in diesen Tagen herabrufen, herabbitten und herabflehen wollen. Das geschieht am Pfingstfest, das wir nächste Woche feiern. Es ist das Fest des Heiligen Geistes.

Die Apostel haben sich versammelt in diesem Abendmahlssaal, in dem Jesus das Hohepriesterliche Gebet gesprochen hat und beten nun auch gemeinsam um den Heiligen Geist: „Sie verharrten dort einmütig im Gebet, zusammen mit den Frauen und Maria, der Mutter Jesu.“ So hörten wir es in der 1. Lesung. Wir sind auch hier versammelt, um zu beten. Wir wollen, dass dieser Heilige Geist ebenfalls auf uns herabkommt. Wir wollen, dass wir ihn auch immer mehr erkennen. Das ist dann schon ein Stück Himmel auf Erden. Im Jenseits werden wir dann die vollkommene Erkenntnis der Heiligsten Dreifaltigkeit erfahren und diese vollkommene Erkenntnis ist, wie gesagt, nicht langweilig und fad, sondern unvorstellbar spannend und interessant.

Ein langweiliger Himmel ist ein Widerspruch in sich. So ist auch der Heilige Geist spannend und aufregend, und wer sich mit dem Heiligen Geist einlässt, der wird seine Überraschungen erleben. Es wird ein Leben sein, das wir nicht bereuen, bedauern und beklagen werden. Denn wer sich jetzt schon bemüht, den Heiligen Geist zu erkennen, der wird auch hier schon auf Erden Glück, Freude und Zufriedenheit erfahren. Amen.


© Pfarrer Christian Poschenrieder 2024