Christmette 2022
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Die katholische Predigtsammlung von Pfarrer Poschenrieder
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Christmette 2022 A

Messtexte | Word-Dokument

„Transeamus usque ad Bethlehem.“ – „Lasst uns nach Bethlehem gehen!“ So sprachen die Hirten nach der Verkündigung der Engel zueinander. Es ist ein bekanntes Weihnachtslied geworden. Sie haben auch heute gesagt: Transeamus usque ad ecclesiam Maria Laach. Lasst uns in die Kirche von Maria Laach gehen. Dort werden wir das Kind in der Krippe finden. Lasst uns dort den Heiland anbeten, der geboren wurde.

Wir kennen in unserer Zeit das Wort „Transit“. Es gibt den Transitverkehr, wenn ein bestimmtes Gebiet, ein Staat, durchquert wird wegen eines bestimmten Transports.

Wir gehen zum Kind in der Krippe, weil dieses Kind auch einen Transit (Tranistus) macht: einen Durchgang. Das Kind machte einen wichtigen entscheidenden Durchgang durch ein bestimmtes Gebiet, nämlich die Erde, um wieder an seinen Bestimmungsort, den Himmel, zurückzukehren. Der Vater hat zu seinem Sohn gesagt: „Komm, lass uns zu den Menschen auf die Erde gehen. Komm, wir wollen nach Bethlehem gehen!“ Dieses Gehen nach Bethlehem ist kein normales Absteigen vom Himmel herab, sondern ein gewaltiger Sturz aus der himmlischen Höhe. Gott springt nicht normal vom Himmel, sondern in besonderer Weise, weil seine göttliche Natur die menschliche Natur annimmt. Dieses besondere Herabspringen ist so unvorstellbar und originell, dass wir sagen müssen, Gott springt nicht normal, sondern mit einem Salto. Er überschlägt sich mit seiner großartigen Idee. Dieser Salto herab vom Himmel ist sogar ein Salto mortale, ein Todessprung, denn er wird mit dem Tod am Kreuz enden. Es ist ein unendlicher Sturz aus der Allmacht der Höhe in die Ohnmacht der Tiefe. Es ist ein freiwilliger, weihnachtlicher Positionswechsel des Gottessohnes, der den Menschen immer wieder zum Staunen bringt. Die ewige Ruhe des unerschaffenen Gottes tauscht er mit einem unruhigen Erdenleben. Es ist für uns Menschen unvorstellbar und nicht nachvollziehbar, dass Gott diese Erniedrigung auf sich nimmt und aus seiner sicheren Position der Unsterblichkeit und Ewigkeit in das unsichere, leidvolle und sterbliche Erdenleben wechselt.

Der Transitus der Hirten ist nun die Reaktion und das Echo auf den Transitus Gottes. Lasst uns nach Bethlehem gehen. Man muss hinübergehen. Sie haben das heute Nacht auch gemacht. Dieser Übergang vom reich gedeckten Gabentisch zur Krippe im Stall von Bethlehem ist nicht leicht. Weihnachten hat in Wahrheit nichts mit Geld und Umsatz zu tun. Weihnachten hat mit Armut im Stall zu tun. Gottes Sohn liegt im Stall in einer Krippe, armselig, ohne pompöses Weihnachtsessen. Natürlich darf jeder, der kapiert hat, dass es um die Menschwerdung Gottes geht, sich freuen und feiern am gut gedeckten Esstisch und die köstlichen Speisen genießen und riechen.

Ja, es heißt mit Recht: Weihnachten kann man riechen! Im Advent haben wir das schon gerochen, wenn in der Küche Kekse gebacken wurden, dann merkte man das sofort am Duft. Es duftete bereits weihnachtlich. Wenn in der Kirche die Tannenbäume und die Zweige zu sehen sind, dann riecht es in der Kirche auch anderes als sonst.

Wie aber riecht es in Bethlehem im Stall in der Krippe? Dort riecht es ganz anders. Es riecht nach Mist und nach Stroh. Um es deutlich zu sagen, es stinkt nach Esel und Ochs. Das ist nicht sehr angenehm. Es riecht nach Armut.

Aber, liebe Brüder und Schwestern, es riecht auch nach Liebe! Es duftet nach göttlicher Liebe. Und das entdecken wir heute, die wir hier in der Kirche das Geburtsfest des göttlichen Erlösers feiern. Und ihr alle, die ihr gekommen seid und gesagt habt „Kommt lasst uns in die Kirche von Maria Laach gehen!“, spürt im Herzen, dass es eben um mehr geht zu Weihnachten als um Geld und Essen. Es geht um uns! Es geht darum, dass wir wieder zu Gott finden. Deswegen hat Gott sich aufgemacht zu uns Menschen, damit wir ihn leichter finden können. Für viele bleibt er verborgen, denn wer rechnet damit, dass Gott in einem armen Stall zur Welt kommt. Wer aber sein Herz öffnet für die Liebe, der findet ihn, den wird er beschenken und der wird den Frieden entdecken, der über dieser Nacht schwebt und der von den Engeln in Bethlehem verkündet wurde. Bewahren wir uns diesen Frieden und diese weihnachtliche Freude in unserem Herzen! Amen.


© Pfarrer Christian Poschenrieder 2024