24. Sonntag im Jahreskreis A 2023
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24. Sonntag im Jahreskreis 2023 A

Messtexte | Word-Dokument

Es ging soeben im Evangelium über das Thema Verzeihen. In der Heiligen Schrift finden wir viele Stellen, die uns daran erinnern, wie wichtig es ist, zu verzeihen. Eine davon ist dieses Gespräch zwischen Petrus und Jesus.

Petrus kam zu ihm und stellte eine Frage, die wir uns wahrscheinlich auch schon einmal gestellt haben: „Herr, wie oft muss ich meinem Bruder vergeben, wenn er gegen mich sündigt? Siebenmal?“ Für Petrus ist siebenmal schon sehr oft. Doch die Antwort Jesu überraschte nicht nur ihn und wir alle sind verblüfft. Er sagte: „Ich sage dir nicht siebenmal, sondern siebenundsiebzigmal“ oder in einigen Übersetzungen „siebenmal siebzigmal“. Mit anderen Worten, Jesus forderte uns auf, immer und immer wieder zu vergeben.

Aber warum? Warum ist das Vergeben so wichtig? Warum sollten wir bereit sein, immer wieder zu vergeben, selbst wenn uns jemand wiederholt verletzt hat und vielleicht tief verletzt hat? Die Antwort gibt uns Jesus mit seiner Lehre und seinem Leben. Jesus spricht immer wieder von der Liebe und vom Erbarmen Gottes. Er kam in die Welt, um unsere Sünden zu vergeben und hat uns die Möglichkeit zur Versöhnung mit Gott gegeben. Immer wieder hat er in seinem Leben ein Beispiel gegeben. Er hat der Ehebrecherin vergeben. Er hat dem demütigen Zöllner vergeben. Er hat damit gezeigt, dass auch wir selbst diese Liebe und Barmherzigkeit leben sollen.

Wenn wir darüber nachdenken, wie oft Gott uns, die wir immer wieder Schuld auf uns laden, vergibt, dann wird uns klar, warum wir auch bereit sein sollten, anderen zu vergeben. Es gibt viele Bibelstellen, die uns daran erinnern, dass Gottes Vergebung grenzenlos ist. Denken wir nur an das Gleichnis des barmherzigen Vaters. Wir spüren hier die unendliche Liebe und Gnade Gottes. Es gibt keine Sünde, die nicht vergeben wir, wenn sie bereut wird. Er hat sogar dem rechten Schächer vergeben und ihm den Himmel versprochen.

Aber Vergebung ist nicht nur ein Akt der Gnade, sondern auch ein Akt der Heilung. Wenn wir anderen vergeben, befreien wir uns selbst von der Bitterkeit, dem Hass und dem Groll, der in unserem Herzen ist. Jesus wusste, dass die Verweigerung der Vergebung uns letztendlich mehr schadet als demjenigen, dem wir nicht vergeben können. Indem wir vergeben, öffnen wir die Tür für unsere Heilung, für den inneren Frieden in unserem Herzen und für die eigene Versöhnung mit uns und mit Gott.

Doch das bedeutet nicht, dass Vergebung immer leicht ist. Manchmal werden wir tief verletzt und es dauert Zeit, bis der Heilungsvorgang abgeschlossen ist und bis wir ganz vergeben können. Wir sollen also nicht verzagen, wenn es uns nicht gleich gelingt. Die Zeit heilt Wunden. Deswegen ermutigt uns Jesus, diesen Weg der Vergebung anzustreben und zu gehen, weil er weiß, wie wichtig es für unsere eigene geistige Gesundheit ist.

In diesem Gespräch von Petrus und Jesus zeigt sich also, dass Vergebung nicht an eine begrenzte Anzahl von Akten gebunden ist. Es ist eine Haltung des Herzens, die uns lehrt, so zu lieben und zu vergeben, wie Gott es uns vorlebt. Wir sollen vergeben, nicht weil es einfach ist, sondern weil es notwendig ist, um in der Liebe Gottes zu bleiben und zu leben.

Diese Lehre Jesu über das Vergeben soll sich in unseren Herzen immer mehr verwurzeln. Wir sollen bereit sein, immer und immer wieder zu vergeben, so wie unser himmlischer Vater uns immer wieder vergibt, wenn wir ihn darum bitten. Denn in der Vergebung finden wir Frieden, Heilung und die Liebe Gottes, die unser Leben erfüllt.

Möge Gott uns die Gnade und die Kraft dazu geben. 7 und 70 mal heißt, immer und immer wieder versuchen zu vergeben, so wie Gott uns auch immer wieder vergibt, wenn wir reuevoll zu ihm kommen. Amen.


© Pfarrer Christian Poschenrieder 2024