29. Sonntag im Jahreskreis A 2023
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29. Sonntag im Jahreskreis 2023 A

Messtexte | Word-Dokument

Wenn man das Evangelium hört, kann man direkt zornig werden auf die Pharisäer. Was erlauben sich diese Pharisäer? Sie sind wie Wölfe im Schafspelz. Wenn ich die Einleitung durchlese, werde ich schon wütend. Ich weiß nicht, wie die Pharisäer geschaut haben und wie der Ton ihrer Stimme war, als sie diese Lobeshymne beginnen. Die Worte der Pharisäer sind so ölig, so salbungsvoll und getaucht in Schmeichelei und Heuchelei, dass einem ganz schlecht wird. Vier große Schmeicheleien sagen sie ihm! Viermal wollen sie scheinbar die Wahrhaftigkeit und Lauterkeit seines Charakters anerkennen. Wie verehren sie ihn? Er ist unser Meister, der erstens die Wahrheit sagt. Er ist zweitens der, der wahrhaftig den Weg Gottes lehrt. Die dritte und vierte Schmeichelei bezieht sich auf sein Verhältnis zu den Menschen. Er nimmt keine Rücksicht auf uns Menschen, um uns also zu Gefallen. Er redet nicht nach dem Mund, und er nimmt auch nicht Rücksicht auf die Person, z.B. auf Höhergestellte. Für Jesus sind alle Menschen gleich. Diese Einleitung ist sehr gefährlich. Es scheint, die Pharisäer sind sehr diplomatisch. In Wirklichkeit sind sie aber falsch. Sie sprechen mit gespaltener Zunge. Sie denken anders als sie reden.

Jetzt kommt die Frage: „Ist es erlaubt dem Kaiser Steuer zu zahlen?“ Diese Frage ist vergiftet! Es ist keine echte Frage, eine Frage, die auf der Suche nach der Wahrheit ist.

Würde Jesus die Frage bejahen und sagen „Ja, es ist erlaubt dem Kaiser Steuern zu zahlen“, dann hätte dies für ihn schlimme Konsequenzen. Es war nämlich die Meinung der Volksmehrheit, dass der Messias das Gottesvolk von der Fremdherrschaft der Römer befreit. Hätte also Jesus für die Zahlung der Steuer gestimmt, dann konnte er nicht der Messias sein. Er wäre nur einer der vielen ohnmächtigen Juden gewesen.

Würde er die Frage verneinen, dann hätte er sich die Römer zu Feinden gemacht. Sie hätten ihn sofort als einen Aufrührer verurteilen können. Die Frage ist also teuflisch gestellt, denn in ihr geht es entweder um den Verlust des Messiasanspruchs vor allem Volk oder um die Hinrichtung als Aufrührer.

Jesus schafft eine salomonische Lösung. Zunächst ließ er sich die Steuermünze von ihnen zeigen. Das ist allein schon eine große Ernüchterung für sie. Er selbst hat anscheinend keine zur Hand, sie aber, die ihn fangen wollen gegen den römischen Kaiser, haben dessen Münzen. Er lässt sie nun weiter entscheiden, wessen Bild und Titel auf dieser Münze aufscheine. Welch eine Beschämung für sie, dass sie nun sagen müssen, sie sei des Kaisers!

Nach ihren eigenen Worten erfolgt dann seine Entscheidung. Sie sollen dem Kaiser geben, was dem Kaiser gehört. Mit diesem Hinweis anerkennt Jesus die römische Obrigkeit. Er sieht in der Römerherrschaft ein Gericht Gottes, das getragen werden muss. Im gleichen Atemzug fügt er aber hinzu: Gott aber gebt, was Gott gehört. Mit diesem Zusatz können sie ihm nun nichts Ernstliches mehr entgegensetzen.

Vielleicht hat Jesus innerlich ein wenig geschmunzelt. Die Pharisäer stellen ihn folgendermaßen dar: Er kümmert sich um niemand! Er nimmt keine Rücksicht auf die Person. Aber in dieser Antwort kümmert er sich um alles, sodass ihm seine Feinde nichts anhaben können, sodass sie nichts entdecken und nichts finden, um ihn zu überführen. Alles ist berücksichtigt! Keiner ist übersehen! So ist er in Wahrheit gerade nicht so, wie sie ihn heuchlerisch darstellen: „Er nimmt keine Rücksicht...“ In dieser Situation nimmt er Rücksicht.

Es schaut sehr nach Menschenrücksicht aus. Sie war es nicht, das wissen wir. Aber der Herr lässt das äußere Bild so bestehen, weil er aus dem Munde der Pharisäer ein solches Lob nicht annimmt. Es war ein kleiner Denkzettel auf vornehme Art für die Pharisäer. Nicht immer hat er mit solchen rücksichtsvollen Worten gekontert. Ich denke an seine Drohungen im nächsten Kapitel 23 des Matthäusevangeliums: Weh euch ihr Pharisäer, ihr Schriftgelehrten, ihr Heuchler! Aber in diesem Zusammenhang war es das einzig richtige.

Wir wollen das Wort Jesu ernst nehmen. Gib Gott, was Gott gehört, nämlich dich selbst. Frag dich in allem, was du tust: Was ist sein Wille? Wir dürfen Gott nicht mit anderen Dingen in eine Reihe stellen. Weil er über allem steht, deshalb gehört ihm auch alles. Gib dich ihm selbst ganz hin, dann erfüllst du die Worte Jesu. Amen.


© Pfarrer Christian Poschenrieder 2024