26. Sonntag im Jahreskreis B 2000
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Die katholische Predigtsammlung von Pfarrer Poschenrieder
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26. Sonntag im Jahreskreis 2000 B

Messtexte | Word-Dokument

Ich erinnere mich an meine Jugendzeit, wo mir folgende Geschichte erzählt wurde. Ein Priester wird zu einem schweren Sünder gerufen, der im Sterben liegt. Redlich bemüht sich nun der Seelsorger, die abgefallene Seele vor ihrem Tod noch für den Himmel zu gewinnen und ihn zur Reue seiner schweren Sünden zu bewegen. Aber es ist nichts zu machen. Nachdem der Priester bereits mit Fluchen und Schimpfwörtern begrüßt wird, hilft auch alles gute Zureden nichts. Der Sterbende weigerte sich umzukehren. Eine gewisse Zeit versucht man mit Liebe ihn zu ermutigen, sich doch zu besinnen und vor dem Tod alles gut zu machen, doch ohne Erfolg. Schließlich sagt der Priester in seiner Verzweiflung vielleicht etwas unüberlegt. „Dann fahr zur Hölle.“ Und er geht hinaus. Dieser Satz aber beschäftigt den Sterbenden so stark, dass er kurze Zeit später den Priester aus eigenem Willen nochmals rufen lässt und sich durch eine Lebensbeichte mit Gott versöhnen kann.

Liebe Brüder und Schwestern! Jetzt machen sie sich die Rede Jesu nochmals bewusst. Was hat er da gesagt? Vielleicht denkt jemand: Ich hab mich verhört. Aber auch das ist Jesus. Es klingt hart, nicht wahr? Die abgehackte Hand und dazu den Fuß sowie das herausgerissene Auge! Lieber als die Hölle!

Wie sind die Worte Jesu zu verstehen? Es ist schließlich Wort Gottes und noch dazu spricht Jesus ziemlich eindringlich, sodass wir uns nicht rausreden können, es seien unbedeutende Worte. Jeder, der die Bibel ernst nimmt, muss sich dazu Gedanken machen und versuchen eine Erklärung, eine Auslegung zu finden.

Wir alle sind uns einig, dass Jesus dies nicht wörtlich gemeint hat. Das kann es ja nicht sein, dass wir uns selbst verstümmeln sollen. Schließlich widerspricht dies auch dem 5. Gebot. Man soll auf seinen Die deutlichen Worte Jesu weisen aber daraufhin, dass es sich um etwas sehr Wichtiges handelt. Jesus würde nie solche Formulierungen wählen, wenn es nicht um etwas Ernstes geht. Was ist das Wichtige? Es geht um die Sünde! Die Sünde ist etwas „Ernstes“.

Darum, liebe Brüder und Schwestern, möchte ich heute über die Sünde sprechen. Denn die Sünde wird in der heutigen Zeit oft verharmlost.

Oftmals finden wir zwei Extrempositionen:

Die einen sehen sich so schlecht und sagen: Ich kann nie ein Heiliger werden. Ich bin ein sündiger Mensch und nützt es mir sowieso nichts, wenn ich mich bemühe.

Die anderen - und da gibt es auch nicht wenige - halten sich für so gut und behaupten: Ich habe keine Sünden, ich bin ein guter Mensch, denn ich bringe keinen um und nehme niemandem etwas weg, ich lebe ein braves Leben. Sie sprechen so, als ob es nur diese zwei Sünden Mord und Diebstahl gäbe.

Wann aber sündigen wir wirklich? Wer begeht eine Sünde? Und was ist überhaupt die Sünde?

Die Sünde ist eine Beleidigung Gottes, denn wir übertreten damit ein Gebot Gottes. Es geht dabei um eine persönliche Sünde. Du selber sündigst, wenn du dich willentlich über ein Gebot Gottes hinwegsetzt. Du wirst damit vor Gott schuldig.

Liebe Brüder und Schwestern. Wir wissen, dass das Sündenbewusstsein in der heutigen Zeit leider sehr geschwunden oder zumindest sehr verzerrt ist. Manches, was Sünde ist, ist für viele Leute keine Sünde mehr. Dafür spüren sie bei manchem eine Sünde, wo es keine ist. Ich denke jetzt, wenn das Leben eines Tieres für jemand wichtiger ist als das ungeborene Leben im Mutterschoß oder wenn der Ehebruch so verharmlost wird, dass er als Abenteuer eingestuft wird. Es gibt fast keinen Fernsehfilm mehr, wo nicht der Ehebruch vorkommt und als Liebeserlebnis spannend dargestellt wird.

Dann wiederum sprechen die Leute von Sünde, wo es nicht so sehr angebracht ist. Ich denke, wenn jemand ein Stück Kuchen noch isst und dabei sagt: Jetzt sündige ich halt wieder. Er meint damit: Ich darf eigentlich diese Mehlspeise wegen der schlanken Linie oder wegen des Arztes nicht essen. Diese Person wird zwar ein paar zehntel Gramm mehr auf die Waage kriegen, aber ob dies eine so schwere Sünde ist, bezweifle ich.

Für Jesus ist auf alle Fälle die echte Sünde keine Lappalie. Mit seinen drastischen Schilderungen will er uns doch sehr eindringlich einschärfen: Meide jede Art von Versuchung. Der Geist ist willig, das Fleisch ist schwach. Darum seine Worte vom Abhacken der Glieder und vom Ausreißen des Auges.

Wenn wir uns von den vielen Aussagen Jesu, wie z.B. „Liebet eure Feinde“ usw. faszinieren lassen, dann wollen wir uns auch heute von diesen Aussagen schockieren lassen. Für manche, die mit ihrem Leben spielen, ist ein Schockerlebnis die letzte Rettung. Darum habe ich eingangs die Geschichte von diesem schweren Sünder erzählt.

Das Ziel ist immer die Rettung der Seele. Es scheint, dass Jesus darum eine so extreme Sprache verwendet, aus Sorge um uns Menschen, die wir oftmals so gedankenlos dahinleben und mit der Versuchung spielen. Manchmal müssen die Menschen aufgerüttelt werden, wachgerüttelt werden. Manche muss man so aufwecken. Viele sind bereits wach. Für diese wird es nur eine Erinnerung sein, weiter ihren Weg treu zu gehen und jede Versuchung und Sünde zu meiden. Amen.


© Pfarrer Christian Poschenrieder 2024