14. Sonntag im Jahreskreis B 2012
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14. Sonntag im Jahreskreis 2012 B

Messtexte | Word-Dokument

Wie immer rede ich sie mit Brüder und Schwestern an, obwohl sie nicht meine leiblichen Brüder und Schwestern sind.

Im heutigen Evangelium hören wir von den Brüdern und Schwestern Jesu! Immer wieder wird behauptet, das seien die leiblichen Brüder und Schwestern Jesu. Daher, schließen manche, kann Maria nicht Jungfrau sein. Das widerspricht nun aber eindeutig der Lehre der Kirche. Hat die Kirche wieder einmal etwas falsch gemacht? Nein!

Wie ist das nun aber wirklich mit den Brüdern und Schwestern Jesu?

Zuerst einmal muss gesagt werden, dass in der hl. Schrift das Wort Bruder und Schwester auch für Verwandte verwendet wird. Lot war z.B. der Neffe von Abraham. Trotzdem redete Abraham ihn mit Bruder an. Das kann man nachlesen im Buch Genesis 14,16. Dafür könnte man noch mehr Beispiele aufzählen.

Nehmen wir nun das heutige Evangelium her. Da nennt der Evangelist als erstes den Jakobus und den Joses als »Brüder« Jesu. Diesen Jakobus und diesen Joses (im Matthäusevangelium heißt er immer Josef) finden wir wieder, (und zwar nur hier und an sonst keiner einzigen Stelle) als der Evangelist bei der Kreuzigung folgendes berichtet. Unter dem Kreuz standen Maria, die Mutter des Jakobus und des Joses. (Joses ist eine ausgesprochen seltene Nebenform des Namens Josef.) Diese Maria ist natürlich verschieden von der Mutter Jesu. Sie ist eine nahe Verwandte. Josef, der Pflegevater Jesu, war zu dieser Zeit höchstwahrscheinlich schon tot und vermutlich hat sich die Witwe Maria dem Haushalt und der Familie eines nahen Verwandten angeschlossen. Wenn Jesus mit den Kindern dieser Gastfamilie aufgewachsen ist, ist es nicht unwahrscheinlich, dass diese Kinder als Jesu Brüder und Schwestern bezeichnet wurden. Jakobus und Joses wurden als erster genannt und wenn daher diese eben keine leiblichen Brüder sind, dann sind es die folgenden erst recht nicht, sonst hätte man die Reihenfolge umgedreht.

Ein zweites Argument, das fast noch schwerwiegender ist, ist die Stelle von der Kreuzigung. Jesus übergibt Maria seinem Lieblingsjünger Johannes. Hätte Maria noch leibliche Söhne gehabt, wären diese zuständig gewesen und Jesus hätte sich nicht sorgen müssen um seine Mutter, indem er jemanden bestimmt. Von dieser Stunde an nahm sie der Jünger zu sich.

Wenn wir Argumente für die Jungfräulichkeit Mariens haben wollen, dann brauchen wir nur die Verkündigungsszene hernehmen. Hier ist eindeutig die jungfräuliche Empfängnis bezeugt. Der Hl. Geist wird über dich kommen und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten. Auch dem hl. Josef wurde dies im Traum mitgeteilt. Von daher gesehen gibt es eine starke psychologische Motivation für die vollständige Enthaltsamkeit. Das war doch eine unvorstellbar tiefe Gotteserfahrung, ein sagenhaftes Gotteserlebnis, die beide da gemacht haben. Das Geheimnis Gottes! Gott wird Mensch im Schoß Mariens. Auch für den Josef war es ein so starkes Erlebnis, durch das er Maria nicht als gewöhnliche Frau betrachtete und die eheliche Enthaltsamkeit ist psychologisch gut nachvollziehbar.

Liebe Brüder und Schwestern, lassen wir uns nicht verwirren. Die Brüder und Schwestern Jesu sind nicht leibliche Geschwister, sondern Verwandte Jesu. Das ist biblisch nachweisbar. Bereits der Kirchenvater Hieronymus hat damals die Argumente des Helvidius, der im 4. Jahrhundert die immerwährende Jungfräulichkeit Mariens geleugnet hat, einleuchtend widerlegt, sodass bis ins 20. Jahrhundert nicht, auch nicht in der evangelischen Theologie, daran gezweifelt wurde.

Die Jungfrauengeburt Mariens ist und bleibt ein Wunder. Ein Wunder, wie es so viele in der Bibel gibt. Wunder sind für den heutigen aufgeklärten Menschen oft schwer nachvollziehbar, aber ein Christentum ohne Wunder gibt es nicht, denn die Bibel spricht anders.

Dankbar dürfen wir sein, dass Gott in diese Welt so positiv eingegriffen hat und dankbar wollen wir unseren katholischen Glauben leben und in der Welt bezeugen. Amen.


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