22. Sonntag im Jahreskreis B 2012
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22. Sonntag im Jahreskreis 2012 B

Messtexte | Word-Dokument

Anlässlich dieser Auseinandersetzung Jesu mit den Pharisäern will ich heute diese jüdischen Schriftgelehrten näher unter die Lupe nehmen.

Wir haben heute dieses Schimpfwort: „Du bist ein Pharisäer!“ Wir verwenden es, wenn wir jemanden vorwerfen, dass er sich anders gibt, als er ist, dass jemand fromm tut und im Leben aber das nicht umsetzt, dass jemand genau das Gegenteil tut, was er sagt.

Die Pharisäer damals hatten drei Fehler! Aber bevor ich diese drei falschen Verhaltensweisen darlege, möchte ich zuerst einmal die guten Seiten der Pharisäer in Erinnerung rufen. Die Pharisäer waren die religiöse Gruppierung der Juden, die Jesus am Nächsten standen. Die zweite Richtung der Sadduzäer waren oft mit den theologischen Ansichten mit Jesus nicht konform, weil sie z.B. die Auferstehung leugnete oder auch weil sie die Existenz von Engeln bestritten.

Weiters muss man den Pharisäern zugestehen, dass sie wirklich die Gebote versuchten zu halten und besonders die jüdischen Überlieferungen und Regeln treu im Leben umsetzen wollten. Sie gaben wirklich den „10.ten“ dem Tempel ab, und sie fasteten wirklich, und sie beteten wirklich viel. Grundsätzlich ist das ja nicht falsch, und auch Jesus kritisiert ja nicht diese guten Seiten der Pharisäer.

Warum aber kam es dann zu diesem „Megacrash“ mit den Pharisäern? Warum ist es gerade mit dieser Gruppe zu solchen Auseinandersetzungen gekommen? Die Beschimpfungsworte an anderen Stellen sind ja nicht ohne. Man braucht nur die Strafrede über die Pharisäer im 23. Kap. des Matthäus-Evangeliums lesen, dann weiß man, warum die Pharisäer Jesus beseitigen wollten, warum Jesus sterben musste.

Ich denke gerade, weil sie sich so nahe waren, umso mehr tun dann die Unterschiede weh, und die gab es sehr wohl.

Sie warfen ihm das Ährenrupfen am Sabbat vor. Das Brechen des Sabbats war öfter Thema der Auseinandersetzung. Dann war sein Verhalten gegenüber der Ehebrecherin ein großer Anstoß. „Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein.“ Immer wieder kam von Jesus in seinen Gleichnissen ein versteckter Angriff auf die Pharisäer vor, den sie sehr wohl verstanden und über den sie sich einfach ärgerten. Und schließlich der Anspruch, dass er Gottes Sohn ist.

 3 große Fehler hatten die Pharisäer oder besser gesagt die 3 Sünden der Pharisäer.

1. Der Hochmut. Das war überhaupt die erste Sünde ganz am Anfang. Die Sünde Luzifers, der so sein wollte wie Gott. Es ist dies eine große Gefahr der Frommen, wenn sie meinen, sie sind besser als die anderen. Der Stolz, diese Überheblichkeit hat schon viele zu Fall kommen lassen.

Zweitens die Ehrsucht. Jesus kritisiert, dass sie gern alles Fromme tun, um sich zur Schau zu stellen. Sie nehmen gern den Ehrenplatz ein bei den Gastmählern und die ersten Sitze in den Synagogen ein und lassen sich grüßen auf den öffentlichen Plätzen und von den Leuten als „Meister“ anreden. Wer von uns ist davon nicht infiziert? Man will gut dastehen. Jeder schaut auf seinen guten Ruf. Das ist ganz natürlich. Doch wenn es zur Ehrsucht wird, dann kommt das liebe „Ich“ zu sehr zum Vorschein. Man will nur noch die Ehre für sich und nicht mehr letztlich die Ehre Gottes.

Besonders aber wirft er ihnen drittens Heuchelei vor. Der nach außen zur Schau gestellter Haltung fehlt die richtige innere Einstellung. Sie geben sich fromm. Sie halten fest an den vielen jüdischen Gesetzen und Reinheitsvorschriften, die belastend sind und die keiner mehr einhalten konnte. Hier verweist Jesus darauf hin, dass die innere Einstellung, das Herz wichtiger ist. Die Heuchelei ist eine Art von Lüge. Ich sage nicht die Wahrheit. Ich täusche etwas vor. Es ist im Prinzip auch ein menschlicher Zug, dass ich mich besser gebe als ich bin. Der andere soll meine Schwächen nicht wissen, nicht sehen und ich vertusche sie.

Wir wollen gerade diesen letzten Vorwurf immer wieder reflektieren. Wie schaut es bei mir aus? „Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, sein Herz aber ist weit weg von mir.“ Bin ich bei meinen Gebeten mit dem Herzen bei Gott? Möge Gott uns diese Gnade auch schenken, dass wir wirklich ihn mit unserem Herzen lieben können. Amen.


© Pfarrer Christian Poschenrieder 2024