30. Sonntag im Jahreskreis B 2012
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30. Sonntag im Jahreskreis 2012 B

Messtexte | Word-Dokument

Weil der blinde Bartimäus nicht aufhörte zu schreien, wurde er geheilt. Weil er immerzu rief: „Jesus, Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir!“, hatte Jesus Mitleid mit ihm und schenkte ihm sein Augenlicht wieder. Er wiederholte immer diesen Ruf, der ein Ausdruck seines Glaubens an Jesus, den Erlöser, war. Er glaubte, dass Jesus der Messias, der Sohn Davids, ist, der in die Welt kommen soll, um uns von den Sünden zu erlösen.

Dieser Ruf „Jesus, Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir.“ ist der Ursprung des Jesusgebetes. Das Jesusgebet wird auch Herzensgebet genannt und ist besonders in der Orthodoxen Kirche weit verbreitet und sehr beliebt. Es hat sich deswegen entwickelt, weil man überlegt hat, wie man die Worte Jesu über das ständige Gebet verwirklichen könnte. Denn Jesus sagte einmal: „Wir sollen immerfort beten“ (Lk 21,36). Wir sollen dauernd beten, ohne Unterbrechung! Geht das denn überhaupt? Auch Paulus sagt es in einem seiner Briefe: „Betet ohne Unterlass!“ Bei den Mönchen hat sich dann besonders in der Ostkirche dieses Gebet herausentwickelt. Das Jesusgebet! Das Herzensgebet! Mit Hilfe einer Schnur, einer Gebetskette, die aus vielen Knoten besteht, wird der Name Jesus immer wiederholt und angerufen. Die geschlossene Schnur ist ein Zeichen für das nie endende Gebet. Sie wird weniger verwendet, um zu zählen, sondern als Hilfe zur Konzentration und für einen gleichmäßigen Rhythmus. Das Jesusgebet wird in der Stille immer wiederholt. Im gleichmäßigen Rhythmus des Atmens und des Herzschlages rezitiert man die Anrufung Jesu. Wer sich darin übt, bei dem soll das ins Unterbewusstsein übergehen und das Herz soll diese Jesusanrufung immer weiterbeten. So sind die Mönche in dieser Weise immer mit Jesus verbunden. Aber nicht nur der Osten kennt dieses Gebet. Nehmen wir nur die strengen Kartäuser des Westens her. Auch sie haben in ihrer Spiritualität das Jesusgebet übernommen. Charakteristisch für die Kartäuser sind ihr Schweigen, ihre Einsamkeit und das ständige Gebet.

Doch bei uns im Westen hat sich mehr die andere Gebetsschnur durchgesetzt und das ist der Rosenkranz. Der Rosenkranz hat auch diese Stärke der ständigen Wiederholung und dazu noch ist er mit den verschiedenen Geheimnissen, die man anfügen kann, ein großartiges Gebet zur Betrachtung über das Leben Jesu.

Der Rosenkranz ist weiters ein wunderbares Gebet in den sogenannten Stunden der Nacht, d.h. in den Zeiten der seelischen Not und Bedrängnis. Es gibt in jedem Leben eines Menschen Phasen der Gefühlsleere. Jeder Mensch tut sich manchmal auch schwer mit dem Gebet und ist nicht in Hochstimmung. Dann kann man ebenfalls Zuflucht suchen zum Rosenkranz, weil dieses Gebet so schlicht und einfach ist. Wenn einem das Beten besonders schwer fällt, und wenn man sogar meint, überhaupt nicht beten zu können und trotzdem den Rosenkranz zur Hand nimmt und die Perlen durch die Finger gleiten lässt, wenn man ihn betet, weil die Gottesmutter es wünscht, ihn betet aus Liebe zur Gottesmutter, aus Liebe zu Jesus, weil sie es empfohlen haben, dann ist dies ein ganz großes und tiefes Beten und bringt besonders viel Segen. Wenn alles in dir dunkel ist, wenn Gott dir jedes Gefühl momentan genommen hat und du tiefste Nacht spürst, wenn kein Licht weit und breit zu sehen ist, sondern nur Finsternis und jetzt ziehst du diese heilige Schnur aus deiner Hosentasche und nimmst Zuflucht zum „Ave Maria“ , dann wird Maria dich sicher nicht verlassen und es wird ein großes und wertvolles Beten, weil du ja gerne beten möchtest. Der Wille ist da, der Wunsch ist da, die Sehnsucht zu beten ist da, du möchtest beten, dann betet Maria, deine Mutter, für dich. Der heilige Augustinus sagt: Wer viel Sehnsucht hat, betet stets.

Glauben wir ja nicht, Gott ist so klein und er kennt nicht unser Innerstes, unsere Sehnsucht, unsere Liebe, unseren Wunsch und unser Wollen. Maria konnte unterm Kreuz nicht beten. Und doch war ihr stilles Weinen unter dem Kreuz das größte Gebet, das sie je hervorgebracht hat. Es war tiefste Nacht und trotzdem ist sie bei Jesus geblieben. Sie war treu. Es war ein ganz großes Zeichen ihrer Liebe: das Stehen unter dem Kreuz. Die Liebe zu ihrem Sohn ließ sie den Kreuzweg mitgehen. Die Liebe zu ihrem Sohn gab ihr die Kraft beim Sterben dabei zu sein. Die Tränen waren Ausdruck der Liebe, des Mitfühlens und des Mitleidens. So kann es bei uns auch sein. Wenn jemand nur in der Kirche ist, ohne Beten zu können, mit seiner Not vor dem Tabernakel, dann kann das größer sein als 50 Rosenkränze in Hochstimmung, die uns leicht fallen.

Gebet ist „bei Gott sein“ in allen Phasen unseres Lebens. Und darum war Gott auch bei Bartimäus, als er schrie „Jesus, Sohn Davids, erbarme dich meiner.“ Und er wird auch bei uns sein, wenn wir vertrauensvoll dieses Gebet sprechen. Amen.


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