3. Adventssonntag 2020 B
Messtexte | Word-Dokument
Ich weiß nicht, ob sie folgende Anekdote von Papst Johannes XXIII. kennen. Eines Tages wollte er einen Besuch in einem Frauenkloster machen, das dem Heiligen Geist geweiht war. Er klingelte und wartete geduldig, bis jemand die Tür öffnete. Doch vor Schreck ließ die Schwester gleich wieder die Tür zufallen und lief eiligst zur Oberin. Die kam auch bald angerauscht, und, angesichts des hohen Gastes nach Worten ringend, stellte sie sich ihm vor und sagte: "Ich bin die Oberin des Heiligen Geistes." Worauf der Papst antwortete: "Oh – so weit habe ich es noch nicht gebracht, ich bin nur der Stellvertreter Christi."
Vor über 6 1/2 Jahren, am 27.4.2014, dem Barmherzigkeitssonntag, wurde Johannes XXIII. von Papst Franziskus heiliggesprochen. Als Johannes XXIII. damals 1958 zum Papst gewählt worden war, fühlte er sich mit diesem Amt überfordert. Übergroß schienen ihm die Aufgaben. Alle schauten auf ihn, wie er als Papst wohl handeln und entscheiden würde. Das brachte ihn schließlich fast um den Schlaf, bis er eines Nachts einen Traum hatte und eine Stimme hörte, die ihm sagte: "Johannes, nimm dich nicht so wichtig!" Seitdem konnte der Papst wieder ruhig schlafen. Wegen dieser Bescheidenheit und Volksnähe wurde er im Volksmund der gute Papst genannt.
Ich glaube, die grundsätzliche Haltung, die Papst Johannes hatte, passt gut zu einem anderen Johannes, der uns im Evangelium begegnet ist: zu Johannes dem Täufer. „Nimm dich nicht so wichtig.“ Viele fragten ihn, ob er nicht selbst der Messias sei. Ist er diese wichtige Person, auf die wir alle sehnsüchtig warten? Doch Johannes der Täufer wies hin auf Jesus: Nicht ich bin wichtig, sondern, der nach mir kommt. Ich bin nicht wert ihm die Schuhriemen zu öffnen. Er muss wachsen, ich muss abnehmen.
Das hat einmal ein etwas dickerer Priester gepredigt und wiederholte auch zum Schmunzeln der Gläubigen diese Worte des Johannes: „Ich muss abnehmen, er muss zu nehmen!“ Es kann durchaus auch für den einen oder anderen, der mit Übergewicht zu kämpfen hat, dies die Botschaft des Johannes sein, abzunehmen, aber in erster Linie ist damit Folgendes gemeint.
Das eigene Ich muss abnehmen. Der Eigenwille, der in uns oft so stark ist, muss sich zurücknehmen, und den Willen Gottes sollen wir anstreben. „Der Eigenwille stirbt zuletzt“, sagt der hl. Franz von Sales. Und der hl. Bernhard sagt Ähnliches über den Eigenwillen: „Gibt es keinen Eigenwillen mehr, gibt es auch keine Hölle mehr.“
Das eigene Ich ist oft das große Hindernis zu Gott. Der Eigensinn ist manchmal gar nicht so leicht abzutöten. Aber Johannes meint auch das, wenn er sagt: Bereitet dem Herrn den Weg! Legt euren Stolz und euren Hochmut ab! Stärkt die Demut in eurem Herzen!
Ich wünsche ihnen für diese restliche Adventzeit viel Mut und Ausdauer im Kampf gegen den Eigenwillen und gegen das eigene Ich. Wenn sie diesen Kampf gewinnen, wird Gott in Ihnen wirken und sein Wille wird geschehen. Sein Wille ist, dass Gottes Sohn Mensch wird, sodass wir ihn finden können. Und er kann in all jene Herzen kommen, in denen der Kampf gegen das eigene Ich gewonnen wurde. Nehmen wir uns also nicht so wichtig! Wichtig ist das Christkind! Wichtig ist der, der da kommen wird. Er wird uns den Frieden schenken. Amen.