Hochfest der Unbefleckten Empfängnis 2023
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Hochfest der Unbefleckten Empfängnis 2023 B

Messtexte | Word-Dokument

Das heutige Fest der Unbefleckten Empfängnis wird häufig missverstanden. Da es immer in die Adventszeit fällt, besteht gelegentlich die Annahme, es habe etwas mit der Geburt Jesu zu tun. Jedoch bezieht sich der 8. Dezember auf die Geburt Marias. Das Fest bezeugt, dass Maria von der Erbsünde verschont geblieben ist und somit als die Vorerlöste gilt. Dies ist eine Quelle der Freude für uns.

Viele Menschen verstehen möglicherweise nicht genau, was unter der Erbsünde zu verstehen ist. Der Begriff „Erbsünde“ kann auf zwei Arten missverstanden werden. Die Sünde, von der hier die Rede ist, ist keine persönliche Sünde, die von einem Menschen begangen wurde. Es handelt sich vielmehr um die Ursünde, die einst durch den Ungehorsam von Adam und Eva begangen wurde. Durch das Essen der verbotenen Frucht vom Baum in der Mitte luden Adam und Eva erstmals Schuld auf sich. Diese Schuld lastet seither auf der gesamten Menschheit und wird vererbt.

Es ist wichtig zu klären, dass das Erben in diesem Kontext nicht positiv gemeint ist. Oft erben wir im Leben Geldsummen oder Immobilien, aber in diesem Fall haben wir eine Schuldenlast geerbt. Es wird ein Mangel weitervererbt, da dem Menschengeschlecht etwas fehlt. Adam und Eva wurden mit der heiligmachenden Gnade erschaffen, standen in Gottes Gnade und haben diese Gnade durch ihren Ungehorsam verloren. Diese heiligmachende Gnade fehlt nun auch uns, und daher ist die Taufe von entscheidender Bedeutung, da sie diesen Zustand, den Adam und Eva vor der Erbsünde hatten, wiederherstellt.

Die Seele kann als eine wunderschön geschaffene, weiße Perle betrachtet werden, die durch die Erbschuld verschmutzt wurde. Die Perle ist in den Schmutz gefallen und glänzt nicht mehr so strahlend wie zuvor. Durch die Taufe wird die Perle gereinigt und erhält ihre ursprüngliche Schönheit zurück.

Der Mangel, den wir durch die Erbschuld haben, lässt sich auch gut durch folgendes Beispiel verdeutlichen: Normalerweise sind wir wie eine Glühbirne, die hell leuchtet. Durch die Sünde Adams fehlt plötzlich der Strom, und die Glühbirne bleibt dunkel. Die Erlösung durch Christus bringt wieder Licht, und die Glühbirne empfängt den Strom Christi, der sie zum Leuchten bringt. Das Menschengeschlecht kann auch als eine Kerze betrachtet werden, die seit der Erbsünde nicht mehr brennt.

Maria hingegen wurde von Anfang an rein erschaffen, blieb frei von Schuld und erhielt immer den göttlichen Strom. Sie brannte sofort und immer, ohne dass der Strom abgedreht wurde. So wurde sie als vollkommener Mensch geschaffen, und strahlte so wie Adam und Eva am Anfang im Paradies.

Es gibt zwei falsche Lehren über den durch die Erbsünde geschwächten Menschen. Martin Luther lehrte, dass die Natur des Menschen durch die Erbsünde vollständig zerstört ist, sodass er zu nichts Gutem fähig ist. Die Philosophen der Französischen Revolution lehren das Gegenteil, dass der Mensch von Natur aus gut ist und es keine Erbschuld gibt. Richtig ist jedoch, dass der Mensch durch die Erbsünde verwundet ist. Seine Natur ist verletzt, geschwächt und anfällig für die Sünde. Die Taufe mag die Erbsünde nachlassen, doch die Neigung zur Sünde bleibt. Verstand und Wille bleiben beeinträchtigt, weshalb Leid und Tod in der Welt existieren.

Heute freuen wir uns darüber, dass die Gottesmutter diese Erbschuld nicht kannte und daher auch den Tod nicht erlitt. Bei der Gottesmutter trennte sich die Seele nicht vom Leib, sondern sie wurde sofort mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen.

Wenn wir also zur Gottesmutter aufblicken, sehen wir den Menschen, wie Gott ihn wollte – so, wie Gott ihn ursprünglich erschaffen und gedacht hat. Im Himmel werden wir alle so sein, ohne Erbsünde und ohne Schuld, denn diese existieren dort nicht. Amen.


© Pfarrer Christian Poschenrieder 2024