2. Sonntag im Jahreskreis B 2024
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2. Sonntag im Jahreskreis 2024 B

Messtexte | Word-Dokument

 Wir haben die Berufungsgeschichte der ersten beiden Jünger, Andreas und Johannes, gehört. Sie waren zuerst die Jünger des Johannes, der sie auf Christus hinwies.

Johannes predigte dies immer wieder: „Es kommt nach mir einer, der ist größer als ich. Ich bin nicht würdig, ihm die Riemen seiner Sandalen zu lösen.“ Ganz deutlich hörten wir jetzt: „Seht das Lamm Gottes!“ Die beiden Jünger verstanden sofort, was er damit meinte. Johannes hat sicherlich oft mit ihnen darüber gesprochen und sie darauf vorbereitet, dass, wenn der kommt, den er verkündet, sie ihm folgen sollen. Seine Zeit ist nun vorbei. Er ist nur ein Wegbereiter. Die Ablösung ist da. „Er muss nun wachsen, ich muss kleiner werden.“ Johannes bindet seine Jünger nicht an sich, sondern führt sie dem Kommenden zu.

Das ist letztlich die Aufgabe eines jeden Priesters. Der Priester darf die Menschen nicht an sich binden, sondern er muss sie zu Christus führen. Je mehr dies geschieht, desto mehr wächst Christus, desto mehr kann Christus wirken.

Die Jünger fragen Jesus: „Wo wohnst du?“ Sie möchten wissen, wo er zu Hause ist, damit sie mit ihm leben, damit sie dort sind, wo Jesus ist. Und er sagt: „Kommt und seht!“ Jesus lädt sie ein. Er sagt dies auch immer zu uns: „Kommt und seht! Ich wohne in der Kirche. Ich bin gegenwärtig im Tabernakel.“ Besuchen wir ihn jeden Sonntag bei der hl. Messe! Gehen wir auch öfter zum Gebet vor das Allerheiligste! Ich denke mir manchmal, wäre Jesus im Fernseher und im Smartphone, er wäre selten allein, aber er ist im Tabernakel in der Kirche, wo ihn fast niemand besucht. Jesus lädt uns immer ein, wie die beiden Jünger: Kommt und seht. Schaut wo ich wohne!

Die beiden Jünger gingen mit ihm und blieben an diesem Tag bei ihm. Wahrscheinlich war es neben Andreas, der mit Namen genannt wird, Johannes selbst, der sich in seinem Evangelium hier demütig im Hintergrund hält. Der Satz „Es war um die 10. Stunde.“, also 4 Uhr nachmittags, deutet darauf hin, dass die Stunde der Berufung sich bei Johannes als einschneidendes, einmaliges Erlebnis unauslöschlich eingeprägt hat. Er weiß es Jahrzehnte später noch, als wäre es gestern gewesen. Es war dies also eine der wichtigsten Stunden in seinem Leben. Von nun an wird er Jesus ganz nachfolgen. Es war sein Berufungserlebnis.

Die Berufung zum Priester hat zwei Komponenten.

1. Der Kandidat muss diesen Ruf spüren und hören. Dies kann durch ein Vorbild, einen Priester oder eine andere Person geschehen. Dies kann auch durch das Hören einer Predigt, das Vorbild eines Menschen, hier durch Johannes den Täufer, oder durch das Beispiel seines Lebens, durch das Lesen eines guten Buches usw. erfolgen. Oft geschieht Berufung aber eben durch Menschen, die sich als Werkzeug Gottes benutzen lassen.

2. Berufung geschieht auch durch Erwählung. Jesus wählt aus. Im Buch des Propheten Jeremia heißt es: „Noch ehe ich dich im Mutterleib formte, habe ich dich auserwählt.“ Christus wählt sich seine Priester aus. Die Kirche bestätigt bei der Priesterweihe die Berufung. Jesus spricht zu den Jüngern, als sie ihn fragen, wo er wohnt: „Kommt und seht!“ Es ist dies eine unaufdringliche Einladung. An jenem Tag blieben sie bei ihm, und es war sicherlich eine Zeit mit vielen Fragen. Jesus war der Lehrer, und die beiden Jünger wollten sicherlich sehr viel wissen. Dieses Gespräch war gewiss sehr beeindruckend für die beiden, sodass sie mit Begeisterung weggingen. Wir wissen nicht, was er ihnen gesagt hat, aber sie haben Feuer gefangen. Es brannte in ihren Herzen, und sie haben es weitererzählt. Möge auch in unserer Zeit wieder viele Menschen so von Gottes Botschaft ergriffen werden und diese Botschaft weitererzählen.

Die beiden Jünger wollen wir uns zum Vorbild nehmen. Andreas hat Petrus mitgenommen, und dieser wurde sogar der erste Papst, zum Fels. Andreas war ein wichtiges Werkzeug. Nur weil sein Bruder es ihm erzählt hat, hat er Jesus gefunden. Wer von Christus begeistert ist, kann nicht schweigen. Bitten wir den Herrn, dass viele wieder diese Begeisterung im Herzen bekommen, dass er viele beruft, sein Evangelium zu verkünden. Amen.


© Pfarrer Christian Poschenrieder 2024