Karfreitag B 2024
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Karfreitag 2024 B

Messtexte | Word-Dokument

Das Kreuz, das seit dem Passionssonntag, dem Sonntag vor dem Palmsonntag, verhüllt ist, wird heute wieder enthüllt und dann verehrt. Das Kreuz muss enthüllt werden, denn wir sind in Gefahr, das Kreuz verhüllt zu lassen. Wir schauen nicht gern auf das Kreuz. Wir wollen es oft aus unserem Bewusstsein streichen, es verharmlosen und aus unserem Leben versuchen zu entfernen. Das Kreuz ist und bleibt ein Anstoß. Warum gibt es das Kreuz? Warum gibt es Leid und Tod? Warum stirbt Gott diesen Verbrechertod am Kreuz?

Wir haben in der Kirche viele Kreuze. Wir hängen Kreuze in unseren Wohnungen auf. Oft ist es uns schon vertraut und gar nicht mehr bewusst, dass dort einer hängt, der am Kreuz verblutet und stirbt. Aber warum hat sich nicht der Auferstandene durchgesetzt? So ein Bild oder so eine Statue wäre doch viel schöner anzuschauen.

Schon der heilige Paulus hat mit dieser Botschaft des Kreuzes seine Probleme bei der Verkündigung. Es wurde und wird immer wieder falsch verstanden. Und trotzdem blieb Paulus dabei und setzte das Kreuz in die Mitte seiner Verkündigung: Ich verkünde euch den Gekreuzigten. Das Kreuz ist erstens den Juden ein Ärgernis und zweitens den Heiden eine Torheit.

Ein gekreuzigter Gott ist den Juden ein Ärgernis. Das ist ein Skandal. Die Juden erwarteten einen mächtigen, siegreichen Messias, einen, der sie von der Besatzungsmacht der Römer befreit. Es muss ein Messias des Erfolges sein. Deshalb war für sie ein gescheiterter, gekreuzigter Messias eine gotteslästerliche Vorstellung. Es war das Ärgernis schlechthin. Sie begehrten auf, nahmen Anstoß und verweigerten den Glauben. So war es auch beim heiligen Paulus bis zu seiner Bekehrung, bis er das Ärgernis des Kreuzes persönlich erfahren und verstanden hat.

Der Weg zum Erfolg geht bei Jesus über diesen tragischen Kreuzestod. Er wird den Tod durch seine Auferstehung besiegen.

Das Kreuz ist zweitens den Heiden eine Torheit. Der heilige Paulus wusste um das Ärgernis des Kreuzes. Als er nach Griechenland kam und auf dem Areopag, auf diesem berühmten Felsen, in Athen die Botschaft vom gekreuzigten und auferstandenen Erlösergott verkündete, stieß er auf eine neue Form des Widerspruchs. Er musste erfahren, dass die Heiden die Botschaft eines gekreuzigten Gottes als Torheit zurückwiesen. Das war nicht zumutbar. Es ist törichtes Geschwätz. Wir wollen ihn ein anderes Mal hören.

Auch heute kommt die Botschaft von Sünde, Kreuz und Erlösung vielen töricht vor. Sie brauchen keine Erlösung von ihren Sünden. Die Sünde ist nicht viel mehr als Veranlagung, Vererbung, Abhängigkeit von der Gesellschaft, und sie schieben so persönliche Schuld von sich weg.

Für uns Christen aber ist das Kreuz Gottes Kraft und Gottes Weisheit. Auf den ersten Blick ist der Tod am Kreuz keineswegs Gottes Kraft oder Macht. Jesus wird verhöhnt, geschlagen und als Verbrecher ans Holz des Kreuzes geschlagen. Er stirbt dort den langsamen und grausamen Tod. Es ist eine furchtbare Hinrichtung. Die Enthüllung des Kreuzes zeigt uns die Folge der Sünde. Der heilige Paulus sagt: Gott hat den, der die Sünde nicht kannte für uns zur Sünde gemacht. Der Gekreuzigte steht am Platz der Sünder. Er hat alle Schuld auf sich geladen.

Das Kreuz enthüllt uns das Geheimnis der Sünde. Wir erkennen, dass die Sünde mehr ist als ein moralisches Fehlverhalten. Sie ist ein Zurückstoßen der Liebe Christi, die am Kreuz sichtbar wird.

Das Kreuz enthüllt also die Sünde. Aber bei der Kreuzenthüllung wird ein noch viel tieferes Geheimnis offenbar: der Sieg über die Sünde durch die Hingabe Jesu.

Wir wollen uns von dieser göttlichen Liebe ergreifen lassen und dankbar sein für diese Tat Gottes, die uns rettet und befreit. Amen.


© Pfarrer Christian Poschenrieder 2024