Palmsonntag B 2024
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Palmsonntag 2024 B

Messtexte | Word-Dokument

Dieser Einzug Jesu in Jerusalem in dieser Form ist doch eine große Überraschung. Jesus liebte in seinem Leben diese spektakulären Auftritte ganz und gar nicht.

In der Wüste hat er den Teufel zurückgewiesen, der zu ihm sagte, er solle sich vom Tempel stürzen, denn die Engel werden ihn auffangen und auf Händen tragen. Nach der Vermehrung der Brote wollten die Juden ihn zum König machen, und Jesus zog sich zurück. Er wollte das nicht. Bei wie vielen Heilungen sagte er, es solle nicht weitererzählt werden. Auch hier versuchte er zu vermeiden, dass es sich in der Öffentlichkeit herumspricht.

Und nun diese Szene! Plötzlich lässt er sich feiern. Jesus wird hier auch nicht überrumpelt, sondern er gibt sogar genaue Anweisungen, wie der Einzug in Jerusalem vor sich gehen soll. Die Jünger müssen eine Eselin losbinden und bringen. „Der Herr braucht diesen Esel!“ sollen die Jünger sagen. Ganz bewusst will er, dass ihm am Palmsonntag zugejubelt wird. „Wenn die Jünger schweigen, dann werden die Steine schreien.“ Das war die Antwort, die er den Pharisäern und Schriftgelehrten gab, die dies verhindern wollten.

Das ist doch alles sehr eigenartig. Warum tut er das? Jetzt lässt er sich zujubeln: Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn!

Jesus weiß, er steht vor seinem Leiden und Sterben. Er weiß, welch eine Glaubensprobe er seinen Jüngern damit zumutet. Es ist ähnlich auf dem Berg der Verklärung. Auch hier sehen wir eine Erscheinung der Herrlichkeit Jesu und nicht des Leidens. Er will ihnen damit über die Schmach des Kreuzes ein wenig hinweghelfen.

Das Volk jubelt am Palmsonntag! Es ist in ungeheurer Aufregung. Jesus lässt sich von der Masse als Messias feiern. Aber inmitten dieser ganzen Szenerie ist etwas, was das Volk nachdenklich hätte machen sollen. Es hat zu früh gejubelt. Ein Eroberer reitet nicht auf einem Esel, sondern auf einem Pferd. Ein Eroberer ist nicht begleitet von 12 armen Fischern und Bauern, sondern von vielen Soldaten. Der Jubel war zu früh, denn es kommt vorher noch das Kreuz. Erst kommt noch der Tod Jesus, und dann erst geschieht die Verherrlichung durch seine Auferstehung.

Wie einem König jubeln sie ihm heute zu. Wir feiern den echten König, den König über die Herzen, beim Christkönigsfest. Heute ist es der König mit dem Esel, ein etwas anderer König, der zuerst noch Leiden muss und den Tod auf sich nimmt, bevor er dann am dritten Tag als Sieger über den Tod auferstehen wird.

Wir dürfen Jesus heute auch zujubeln, aber mit dem Wissen, dass es noch nicht das Ende ist, sondern der Anfang des schweren Leidens, das auf dem Ölberg durch die Gefangennahme beginnt. Wir dürfen uns freuen, aber mit dem Vorsatz, Jesus auch treu zu sein, wenn es schwer wird. Es wäre tragisch, wenn wir heute „Hosanna“ rufen und ein paar Tage später auch beim „Kreuzige ihn“ mit einstimmen und auf der falschen Seite stehen. Amen.


© Pfarrer Christian Poschenrieder 2024