28. Sonntag im Jahreskreis C 2016
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28. Sonntag im Jahreskreis 2016 C

Messtexte | Word-Dokument

Die Geschichte von den 10 Aussätzigen ist eine Glücksgeschichte. Drei wichtige Schritte werden getan, wobei den dritten Schritt zum vollkommenen Glück nur der eine Samariter getan hat.

Den ersten Schritt zum Glück tun sie, in dem sie zu Jesus sagen: „Meister, erbarme dich unser!“ Sie flehen ihn nicht um Heilung an, sondern machen etwas anderes. Sie bitten ihn um sein Erbarmen. Wie oft machen wir es anders. Wie oft schlagen wir Gott genau vor, wie sein Erbarmen sich praktisch zu zeigen habe. Wir wünschen uns, dass jemand Arbeit findet, dass jemand gesund wird, dass Friede herrsche usw.

Indem die Aussätzigen Jesus bitten „Erbarme dich unser!“, lassen sie offen, wie er ihnen dieses Erbarmen zeigen kann. Natürlich haben sie den Wunsch geheilt zu werden. Könnte das Erbarmen Jesu aber nicht auch so ausschauen, dass er ihnen die Kraft schenkt, diese Krankheit von Gott anzunehmen und, wie man so sagt, sich in das Schicksal zu fügen. Manche Menschen bewundert man, wie sie mit ihrer Krankheit glücklich sind. Für wieder andere ist dann der Ruf in die Ewigkeit die Erlösung von der Krankheit und ein Zeichen des Erbarmens Gottes.

Wie auch immer, der Ruf ist doch eigenartig. Sie rufen nicht: „Mach uns gesund!“, sondern: „Erbarme dich unser“. Für uns wäre das wahrscheinlich zu wenig, zu unkonkret. Die 10 lassen also Gott entscheiden über die konkrete Hilfe. Sie machen ihm keine Vorschriften. Es muss nicht so aussehen, wie ich das will, sondern ich lege es in Gottes Hand.

Jetzt erwartet man sich, dass Jesus sich erbarmt und sie heilt. Aber er reagiert anders. Er heilt sie nicht sofort, sondern er schickt sie zu den Priestern. Die Heilung hat noch nicht stattgefunden, aber die Zehn machen sich dennoch auf den Weg. Da gehört eine große Portion Glaube dazu, sich trotzdem auf den Weg zu machen, im Vertrauen, dass Gott unterwegs doch etwas ändern wird. Welches Vertrauen gehört dazu, jetzt nicht an Gott zu zweifeln. Wie hätten wir gehandelt? Der Naaman in der Lesung wollte ja auch nicht zum Fluss gehen und sich dort waschen. Das ist der zweite Schritt, um glücklich zu werden. Glück passiert nicht, wann wir das wollen. Es kommt nicht auf Knopfdruck. Wir beten jetzt so und so viele Vater unser und sofort passiert es. So läuft das nicht. Glück setzt viel Vertrauen voraus. Wir sollen es Gott überlassen, wie und wann er mein Leben ändern kann.

So gehen diese zehn Aussätzigen ihrem Glück entgegen. Auch die Neun, die nicht umkehren, hatten einen großen Glauben.

Doch diesen dritten und letzten Schritt zum vollkommenen Glück schafft nur einer. Wir wissen nicht, warum die anderen nicht umgekehrt sind. Nur der Samariter möchte danken.

Leider ist es oft so, dass es viele sind, die es nicht schaffen, dem Glück bis auf den Grund zu gehen und zu fragen: Woher kommt das alles? Wo hat mein Glück seinen Grund? In neun von zehn Fällen gelingt es uns womöglich auch nicht, diese drei Schritte des Glücks mitzugehen. In neun von zehn Fällen werden wir nicht offen genug sein, unser Leben ganz in die Hände Gottes zu legen. In neun von zehn Fällen werden wir enttäuscht sein, wenn unsere Stoßgebete nicht so erhört werden, wie wir uns das gewünscht haben. In neun von zehn Fällen werden wir vielleicht auch mit Gott hadern und zweifeln und uns fragen: Wie konnte Gott das zulassen? Wo war Gott da gerade? Und in neun von zehn Fällen erkennen wir das Glück gar nicht, das uns widerfährt.

Und doch, manchmal gelingt es, und dann werden wir bis zum Grund unseres Glücks schauen können. Amen.


© Pfarrer Christian Poschenrieder 2024