4. Sonntag im Jahreskreis C 2016
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4. Sonntag im Jahreskreis 2016 C

Messtexte | Word-Dokument

An diesem Sonntag nehme ich gerne die Lesung für die Predigt her. Der heilige Paulus hat den Korinthern einen wunderbaren Text über die Liebe verfasst. Das Hohelied der Liebe wird es genannt.

In die heutige Zeit übersetzt könnte man formulieren. „Wenn ich ein Sprachengenie wäre, wenn ich als glänzender Redner Menschenmassen mitreißen könnte oder wenn ich einen bergeversetzenden Glauben hätte, wenn ich mein Bankkonto auflösen und das Geld den Armen geben würde oder meine ganzen Immobilien verschenken würde, wenn ich mich in Sehnsucht nach dem Martyrium verzehren würde, hätte aber die Liebe nicht, wäre ich nichts.“

Wir wollen uns immer wieder fragen: Welche Motive bewegen uns, wenn ich etwas tue? Ist auch die Liebe dabei oder sind es nur andere Gründe? Paulus sagt: „Nur die Liebe zählt!“ Die heilige Theresia von Lisieux geht sogar so weit zu sagen: „Mein Beruf ist die Liebe!“ Für sie ist dieser Text ganz wichtig geworden. In ihrem Herzen trug sie das große Verlangen, heilig zu werden. Als Paulus die verschiedenen Charismen und Berufungen der Gemeinde aufzählt, findet sie sich in keinem wieder, bzw. wollte sich in jedem wiederfinden. Als sie dann diese schöne Steigerung liest, ruft sie glücklich aus. „Jetzt habe ich meinen Weg gefunden. Ich will im Herzen der Kirche die Liebe sein. Meine Berufung ist die Liebe.“ Und damit erkannte sie, dass dies die höchste Berufung ist. Gäbe es diese liebenden Menschen nicht, dann gäbe es auch die anderen Berufungen nicht. Dann hätten diese nicht die Gnaden des Gebets und des Opfers. Sie kann im Karmel, in diesem verborgenen Kloster, alle Anliegen der Kirche einschließen und die Liebe leben. Man braucht nichts Großes und Außergewöhnliches zustande bringen, sondern es genügt, um eine Heilige zu werden, die kleinen Dinge des Alltags mit Liebe tun.

Von diesen Eigenschaften der Liebe möchte ich die Langmut noch hervorheben.

Die Liebe ist langmütig! Gott selbst ist die Liebe und damit ist die Langmut Gottes eine wichtige Eigenschaft von ihm. „Gott ist langmütig“ heißt: Er hält seinen Zorn zurück. Er übersieht zwar das Böse nicht, aber er sieht auch unsere Schwäche und hat Mitleid mit uns. Er reagiert nicht nach der Art menschlicher Gefühlsausbrüche und handelt nicht rasch, sondern er kann lange zuschauen. Er wartet unermesslich lang, dass doch noch Gutes bei uns wächst. Er hofft darauf, weil er uns liebt.

Jesus Christus hat in seinem Leiden diese Langmut uns vorgelebt. Er hat in schweigender Langmut das ganze Unrecht auf sich genommen und ausgehalten.

Haben auch wir diese Langmut! Bemühen wir uns in der Geduld! Die Liebe sagt uns: Sei bedächtig! Handle nicht überstürzt! Sei nicht zornig, sondern lass Zeit verstreichen, wenn du sehr aufgebracht bist.

Wer selber die Langmut Gottes an sich erfahren hat, der wird sie auch selber üben und der wird nicht sofort mit Heftigkeit auf jeden Fehler des Mitmenschen reagieren. Er wird sehr wohl den Fehler sehen und darunter leiden, aber weil er seine eigene Schwäche kennt, hat er Verständnis für den anderen. Er nimmt ihn zuerst einmal an, wie er ist, mit seinen Fehlern. Erst wer die Fehler seines Nächsten lange ausgehalten hat, darf versuchen ihn zu korrigieren, wenn er die Langmut geübt hat und in Ruhe sprechen kann.

Die Langmut ist jene Haltung, die keinen Menschen verurteilt und aufgibt. Sie wartet geduldig, mahnt unermüdlich, hofft unerschütterlich und hält dem andern immer einen Rückweg offen.

Solch eine Langmut ist letztlich eine Wirkung des Heiligen Geistes.

Das Hohelied der Liebe vom hl. Paulus zeigt uns diesen vollkommenen Weg der Liebe auf, der zwar nicht leicht ist, aber der uns doch immer wieder ermuntern soll, nach dem Vollkommeneren zu streben. Denn am Größten ist die Liebe! Amen.


© Pfarrer Christian Poschenrieder 2024