1. Adventssonntag 2018 C
Messtexte | Word-Dokument
Man könnte sich heute ein gutes neues Jahr, ein gutes neues Kirchenjahr wünschen. Ja, ein neues Kirchenjahr hat begonnen. Und wenn ich sie jetzt frage: „Haben Sie sich schon etwas vorgenommen? Wie ist das letzte Jahr verlaufen? Haben Sie schon einen konkreten Vorsatz gefasst? Worin wollen Sie sich wieder von neuem bemühen?“ Dann wundern sie sich, denn diese Fragen stellen Sie sich erst in einem Monat, am 31. Dezember, also zu Silvester! Sie haben also den Jahreswechsel der Kirche nicht bemerkt! Wir merken, dass sich das Kirchenjahr nicht so in uns verwurzelt hat. Es ist uns nicht so bewusst, dass die Kirche mit dem Advent ein neues Jahr beginnt. Mit dem 1. Adventsonntag starten wir heuer in das Jahr des Evangelisten Lukas. Deshalb wird bis zum nächsten Advent hauptsächlich die Frohbotschaft nach Lukas vorgelesen.
Advent heißt Ankunft. Wir warten auf die Ankunft des Herrn und wollen uns darauf vorbereiten. So wie dem großen Osterfest die Fastenzeit als Vorbereitungszeit vorangeht, so gibt es den 4 Wochen dauernden Advent als Einstimmung auf Weihnachten. Heute in der hl. Messe haben Sie sicherlich verschiedene Veränderungen bemerkt. Sogar die liturgische Farbe hat schlagartig gewechselt. Im Advent trägt der Priester die Farbe violett, die Farbe der Buße und der Umkehr. Auch wir sollen den Ruf zu Buße und Umkehr hören und er soll uns durch die Farbe schon bewusst gemacht werden. Der Jubelruf des Gloria wird in der Adventzeit eingestellt, damit das „Gloria in excelsis deo“, das „Ehre sei Gott in der Höhe“, das die Engel zu Bethlehem singen, uns zu Weihnachten bewusster gemacht wird. Ein Adventkranz hängt plötzlich in der Kirche und die erste Kerze brennt.
Wir merken also: Es ist schon eine andere Zeit angebrochen, eine neue Zeit. Für die Kinder ist es oft eine lange Zeit des Wartens. Sehnsüchtig wird das Christkind erwartet, das uns die Geschenke bringt. Für die Erwachsenen ist es oft eine Zeit der Hektik. Viele hetzen von einem Geschäft zum anderen, um rechtzeitig die Besorgungen zu machen und die Geschenke für jeden zu kaufen.
Aber überlegen wir heute: Wie können wir dieses Jahr einen sinnvollen Advent leben? Für die Christen soll der Advent wie ein gewaltiges Tor sein, das er durchschreitet, das in den Vorraum eines großen Heiligtums führt. Wenn wir als Christen durch dieses Tor gehen, stehen links und rechts zwei Gestalten, zwei Wächter. Sie rufen uns zu und erinnern uns daran, in welcher Zeit wir uns befinden. Diese beiden Gestalten sind sehr verschieden.
Der eine ist groß, aber asketisch und in Kamelhaare gekleidet. Er will niemand anderer sein, als eine aus der Wüste tönende Stimme: „Bereitet die Wege des Herrn. Kehrt um! Das Himmelreich ist nahe.“ Die Stimme klingt überzeugend, mit einem gewissen Ernst dabei.
Die andere Gestalt ist eher zurückhaltend. Sie weiß, auf wen sie wartet. Ihr Leib spricht sichtbar von dem, den sie erwartet. Sie selbst spricht nicht viel, behält betend das Geheimnis bei sich und man hört nur leise die Worte: „Siehe, ich bin die Magd des Herrn.“
Der erste ist Johannes der Täufer. Er ruft auf zu einem Neuanfang, zu Umkehr, zur Buße und zu einer guten Weihnachtsbeichte auf.
Die andere ist die Gottesmutter Maria. Sie steht für die Ruhe, für die Stille des Advents, für die Abende, wo man die Adventkranzkerzen anzündet, ein Gebet mit den Kindern spricht und Lieder singt. Die Stimme des Gewissens spricht nicht in der Hektik des Alltags. Man hört sie nur, wenn es ganz leise ist und wir uns besinnen. So war es bei der Gottesmutter Maria in Nazareth, als sie sich auf die Geburt ihres Sohnes vorbereitete.
Welcher Unterschied zwischen den Gestalten! Jedoch wissen beide, auf wen sie warten. Beide warten auf denselben Heiland. Und doch ist der große Unterschied da:
Johannes der Täufer scheut sich nicht Sünden aufzudecken. Auch den Ehebruch des Königs Herodes verschweigt er nicht. Er hat keine Angst vor Gefangenschaft und Enthauptung. Er hat keine Bedenken mit derben Ausdrücken. Die Pharisäer bezeichnet er sogar als Natterngezücht und Schlangenbrut. Sie sollen Früchte bringen, die der Bekehrung würdig sind.
Maria verhält sich völlig anders. Sie erwartet Gott als kleines Menschenkind. Sie ist sich bewusst, dass Gott Großes an ihr getan hat. Ist es nicht auf übernatürliche Weise geschehen, als ihr der Engel sagte „Der Heilige Geist wird über dich kommen!“? Sie glaubt ihm, obwohl seine Ankündigung unvorstellbar klingt.
Beide warten auf den kommenden Herrn mit einer Sehnsucht, die ihr ganzes Wesen erfüllt. So sollen auch wir warten. Unser ganzes Leben ist ein Advent. Wir warten letztendlich auf die zweite Ankunft Christi in Herrlichkeit, wenn er am Ende der Zeiten wiederkommt. Auch auf das will uns der Advent wieder aufmerksam machen. Wir erwarten also Christus, den Herrn. Möge er uns doch wach finden! Darum möge unser Advent ein Weg zu einem gnadenreichen Weihnachten sein. Ein Advent der Besinnung, des Gebetes, der Einkehr und der Buße.
Treten wir ein durch dieses Tor, wo uns links und rechts diese beiden großen Heiligen begrüßen. Lassen wir uns berühren von ihren Worten, die sie uns zurufen und von ihrer Botschaft, die sie uns mitteilen wollen. Dann wird es ein guter Advent im Sinne der Kirche: Ein Erwarten der Herrlichkeit Christi und auch ein aufregendes Warten auf das Christkind, auf das sich besonders die Kinder so freuen. Amen.