Christtag 2018
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Die katholische Predigtsammlung von Pfarrer Poschenrieder
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Messtexte | Word-Dokument

Eine alte Legende erzählt: Als Adam alt und grau geworden war und gebückt war von der Last des Lebens, ist er noch einmal an die Pforten des Paradieses zurückgekommen und hat einen langen Blick voller Sehnsucht ins Paradies hineingeworfen. Dann hat er mit letzter Kraft mit beiden Händen an den Pfosten gerüttelt und ausgerufen: „Ich will nach Hause! Ich will heim!“, aber die Türen blieben verschlossen für ihn und für uns, bis der kam, der so heimatlos war, dass er in einem Stall zur Welt kommen musste. Er, der von den Seinen nicht aufgenommen wurde und keinen Ort hatte, wo er sein Haupt hinlegen soll, hat allen Menschen Geborgenheit, Heimat und Zuhause geschenkt.

Das Volk des Alten Testamentes war, so wie Adam, die ganze Zeit unterwegs, heimatlos und konnte nicht hinein. Die Tür war verschlossen, und sie riefen immer wieder laut: „Ich will nach Hause! Ich will heim!“ Diesen Ruf hörte der dreifaltige Gott im Himmel und hatte Mitleid mit den Menschen, und die drei göttlichen Personen sagten zu einander: „Transeamus usque ad Bethlehem.“ Sie kennen dieses bekannte Weihnachtslied „Transeamus“ „Lasst uns nach Bethlehem gehen“. Das haben die Hirten zueinander gesprochen, als ihnen die Engel verkündeten: Der Heiland ist euch geboren. Ihr werdet ein Kindlein finden in Windeln gewickelt in einem Stall in Bethlehem. Ohne dieses Transeamus gibt es kein Weihnachten. Dieses Transeamus, dieses „Lasst uns nach Bethlehem gehen“, hat vorher also schon die Allerheiligste Dreifaltigkeit gesprochen. Der Vater hat im Heiligen Geist zu seinem Sohn gesagt: Komm, lass uns zu den Menschen auf Erden gehen. Komm wir wollen nach Bethlehem gehen.

Dann erst gingen auch die Hirten nach Bethlehem hinüber. Und d.h., dass auch wir nach Bethlehem hinübergehen müssen. Wir müssen vom reich gedeckten Gabentisch weggehen und zur Krippe in den Stall gehen. Das ist nicht ganz leicht. Viele bleiben lieber bei den schönen Geschenken, in ihrer gemütlichen Behausung, hinter dem warmen Ofen, in ihrer bisherigen materiellen Lebensphilosophie und scheuen den oft mühevollen Weg und den ärmlichen Stall. Sie alle aber sind aus der warmen Stube nun herausgegangen in die etwas kältere Kirche, um zur Krippe zu gehen, und dieses Geheimnis anzubeten und zu bestaunen.

Es haben sich auch die Weisen aus dem Morgenland aufgemacht und sind lange gewandert, um das Kind zu finden und es anzubeten.

Aber noch jemand hat sich in dieser Heiligen Nacht aufgemacht, ist nach Bethlehem gegangen und hat zum Stall gefunden. Das war dann etwas später. Als die Hirten schon gegangen waren und es ruhig wurde im Stall, da öffnete sich plötzlich nochmals ganz leise die Tür. Eine uralte Frau trat tief gebeugt herein. Jahrtausende schienen auf ihr zu lasten und ohne Stock bräche sie zusammen. Die allerseligste Jungfrau beobachtete sie, als sie vor dem Gottmenschen bei der Krippe ankam. Das Kind schlägt die Augen auf. Die Lippen bewegten sich, aber brachten kein Wort hervor. Schließlich zog sie etwas Rundes heraus und gab es dem Kind in der Krippe. Der Kleine lehnte es nicht ab, sondern nahm das Geschenk mit Freude an. Daraufhin ging diese Freude auf die Frau über, und sie richtete sich auf. Ihre Gestalt war plötzlich verjüngt und sie eilte freudig hinaus. Wer war diese Frau? Was hatte sie dem Kind gegeben? - Diese Frau war Eva, und sie gab dem Kind den Apfel der ersten Sünde. Dieser war einst „lieblich anzuschauen“, so sagt uns die Schrift. Sie hatte ihm nicht widerstehen können. Jetzt aber darf sie ihn dem Jesuskind überreichen, und er nimmt ihn an. Er wird nämlich diese Schuld auf sich nehmen und wiedergutmachen. Deswegen ist er Menschen geworden. Deswegen hat er sich erniedrigt und sich so klein gemacht. Er wird die Schuld der Menschheit auf sich nehmen, denn er ist der Messias, der Retter, und darum sind wir ihm so dankbar, freuen uns über seine Geburt, über sein Kommen in Bethlehem und ehren ihn ebenfalls wie die Engel mit den Worten: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede den Menschen seiner Gnade.

Wie viele Menschen haben sich in dieser Nacht beschenkt, wo wir mit Gottes Sohn beschenkt wurden. Wie viele haben sich Mühe gemacht und die Geschenke eingepackt und mit Geschenkpapier verziert. Natürlich haben wir dann alle voller Freude diese Geschenke ausgepackt. Aber ich denke mir oft, viele packen das eigentliche Geschenk nicht aus. Sie bleiben bei den Äußerlichkeiten stehen. Sie gehen gar nicht mehr in die Kirche, wo das eigentliche Geschenk zu finden ist. Viele bewundern nur das Geschenkpapier, den geschmückten Christbaum, und sie bleiben im Dunkeln, denn die Lichter des Christbaumes sind nichts im Vergleich zum Licht, das aus der Krippe strahlt. Dieses Licht ist viel heller. Es ist das Licht, das vom Himmel herabkam. Es gibt einen Spruch, der lautet: Es ist noch keine Meister vom Himmel gefallen, herabgekommen. Aber da gibt es eine Ausnahme. Nämlich Jesus Christus. Er ist in der Heiligen Nacht vom Himmel gefallen. Er fiel in die Krippe, in den Stall von Bethlehem. Die Krippe hat ihn aufgefangen. Dieser Meister hat sich bewusst ganz arm gemacht, damit er unsere Armut auf sich nimmt und uns reich beschenkt!

Das ist das Geheimnis von Weihnachten, über das wir uns freuen dürfen. Deswegen ist Weihnachten so anziehend: Kein mächtiger Herrscher, sondern ein Kind, das über unsere Herzen herrscht. Lassen wir uns davon ergreifen, bestaunen wir dieses Geheimnis und erfreuen wir uns in diesen Tagen am göttlichen Kind. Amen.


© Pfarrer Christian Poschenrieder 2024