Christi Himmelfahrt C 2022
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Christi Himmelfahrt 2022 C

Messtexte | Word-Dokument

40 Tage nach Ostern führt uns die Liturgie das letzte Geheimnis im Leben Jesu Christi vor Augen: seine Himmelfahrt. Seit der Geburt in Bethlehem ist vieles geschehen. Nach 30 Jahren zurückgezogenem Leben trat Jesus in der Öffentlichkeit auf, verkündete das Reich Gottes, heilte Menschen und wirkte viele Wunder. Nach drei Jahren, in denen er die frohe Botschaft verkündete, kamen die Tage seines Leidens, die wir vor Ostern gefeiert haben. Dem Schmerz folgte aber die große Freude der Auferstehung. Den Abschluß bildete seine Himmelfahrt.

Wenn wir uns den Abschied unter Menschen vorstellen, die sich lieben, unter Freunden oder die Trennung von Mutter und Kind, ist das eine traurige Angelegenheit. Manchmal sind Tränen nicht aufzuhalten. Der Abschiedsschmerz ist spürbar. Wie war das bei Jesus? Irgendwann musste dieser endgültige Abschied kommen. Das wussten die Jünger. Er wird ihnen nicht ewig leiblich erscheinen. Das hat er ihnen auch immer wieder vorausgesagt: „Wenn ich nicht fortgehe, kann der Beistand nicht kommen, den der Vater durch mich senden wird.“

Trotzdem war es sicherlich eine gewisse Überraschung für die Jünger, als die Zeit gekommen war. Während er sie segnete und während er die Hände über sie ausbreitete, wurde er vor ihren Augen emporgehoben. Ich stelle mir vor, dass sie da mit offenem Mund nach oben blickten, kein Wort herausbrachten, sprachlos und in Gedanken abwesend waren, sodass die zwei Männer sie in die Realität wieder zurückholen mussten: Erinnert euch, was er gesagt hat! Was steht ihr da und schaut zum Himmel?

Ich glaube nicht, dass bei den Jüngern die Trauer vorherrschte, sondern dass doch in einer gewissen Weise Freude und Glück sie erfüllte und dass sie von diesem ganzen Vorgang sehr beeindruckt waren.

Schließlich entzog eine Wolke ihn ihren Blicken. Warum gerade eine Wolke? Was hat das für eine Bedeutung? Die Wolke ist in der Heiligen Schrift oft der Ort, wo Gott ist und wodurch Gott spricht. Gott erschien in einer Wolke dem Mose. Eine Wolke begleitete das Volk Israel in der Wüste. Auf Tabor war ebenfalls eine Wolke zu sehen. In der Geheimen Offenbarung steht, dass der Herr am Ende auf einer Wolke wiederkommen wird. Eine geheimnisvolle Wolke umhüllte also den Herrn. Er ist jetzt beim Vater. Die Himmelfahrt des Herrn ist die Heimkehr zum Vater. Er sitzt zur Rechten Gottes. Er ist damit in der anderen Welt, im Jenseits, im Reich der ewigen Liebe angelangt. Christus ist heute mit seinem Leib in diese andere Existenzweise eingegangen.

Es ist daher im nachhinein fast humorvoll, als am Beginn des Zeitalters der Raumfahrt die russischen Astronauten erklärten, sie hätten von Gott im Weltall keine Spur gefunden. So klein ist unser Gott nicht, wie ihn sich manche Menschen vorstellen. Warum haben sie ihn nicht gefunden? Weil sie kein Auge hatten für sein Schöpfungswerk. Sie sahen seine Schöpfung und erkannten nicht, wer das All, die Sterne, usw. gemacht hat.

Die Himmelfahrt des Herrn ist der triumphale Einzug des Siegers in den Himmel. Und er führt eine unzählbare Schar von Erlösten mit sich. Alle Gerechten des Alten Bundes mussten bis zu diesem Zeitpunkt warten, denn der Himmel war seit dem Sündenfall verschlossen. Noch am Tag seines Todes war Jesus hinabgestiegen in das Reich des Todes, hatte diese Tore aufgestoßen, und während droben auf der Erde Trauer und Betrübnis herrschten, jubelten hier alle Wartenden.

Das Fest der Himmelfahrt des Herrn zeigt uns diese andere Wirklichkeit. Derselbe Christus, der uns die Welt als Aufgabe übertragen hat, erwartet uns im Himmel. Mit anderen Worten: Das Leben hier auf Erden, das wir lieben, ist nicht das endgültige. Wir haben ja hier keine bleibende Heimat, sondern suchen die zukünftige und ewige Wohnstatt. Christus ging hin, um uns eine Stätte zu bereiten, damit auch wir dort sind, wo er ist.

Hüten wir uns jedoch zu falscher Deutung. Der Herr will nicht, dass wir während dieser Wanderschaft unglücklich sind und Trost allein im Jenseits erhoffen. Gott will nicht, dass es uns hier schlecht geht. Er will, dass wir bereits hier glücklich sind, aber voller Verlangen und Sehnsucht nach der endgültigen Erfüllung in jener anderen Glückseligkeit, die aber nur er ganz geben kann.

Ein Vorgeschmack des Himmels hier auf Erden ist die Liebe, die wir uns gegenseitig schenken, und die Freude, die wir durch das Wirken der Gnade Gottes bekommen. D.h. Gott wirkt immer auf diese Welt ein. Christus hat zwar zur Rechten des Vaters Platz genommen, er hat sich aber nicht von der Welt zurückgezogen. Er hält die Zügel der Welt in der Hand und regiert bis er wiederkommt in Herrlichkeit. Mit Sehnsucht hat die Urkirche darauf gewartet, mit Sehnsucht wartet die Kirche auch heute auf diesen Tag und betet: Maranatha - Komm Herr Jesus. So endet die Heilige Schrift und so beten auch wir und erwarten ihn: Komm Herr Jesus - Maranatha. Amen.


© Pfarrer Christian Poschenrieder 2024