16. Sonntag im Jahreskreis C 2022
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16. Sonntag im Jahreskreis 2022 C

Messtexte | Word-Dokument

Woran erkennt man eine aktive Pfarre? Die Qualität einer Pfarrgemeinde wird oft daran gemessen, wie viele Aktionen im Veranstaltungskalender stehen. Da war einmal eine Pfarrei, in der die Angebote unheimlich vielfältig und reichlich waren. Sie reichten von thematischen Gottesdiensten, über Vorträge bis zur Ankündigung von verschiedensten Kursen und Seminaren. Im Pfarrblatt konnte man alle diese Veranstaltungen lesen. Es schien eine sehr aktive Pfarre zu sein. Da kommt nun der Pfarrer dieser aktiven Pfarrei in eine andere Pfarrei, die in ihrer Gottesdienstordnung nur die Anbetung stehen hat. Der Priester geht in die Kirche hinein und beginnt ein Gespräch mit Gott: „Herr, schau in meine Pfarrei, was es bei mir alles für Angebote gibt und hier ist nur die eucharistische Anbetung.“ Wird nicht vielleicht Jesus zu ihm sagen: Mein lieber Priester, du machst dir viele Sorgen und Mühen. Aber nur eines ist notwendig. Dieser Pfarrer hat den guten Teil gewählt, der wird ihm nicht genommen werden?

Was möchte Jesus der Marta im heutigen Evangelium sagen? Die Kirchenväter sahen in den beiden Frauen die Möglichkeiten kirchlichen Handelns. Zum einen ist dort die fleißige Marta, die sich um alles müht, was getan werden muss. Sie freut sich offensichtlich, Jesus etwas Gutes tun zu dürfen. Auf der anderen Seite sehen wir ihre Schwester Maria, die dem Herrn lauscht und in einem gewissen Sinn anbetet. Für sie war das jetzt das Wichtigste. Sie freute sich auch über den hohen Besuch, aber aus ganz anderen Gründen.

So kam es, wie es kommen musste. Die geschäftige Marta wirbelte umher, um für Jesus zu sorgen. Für den Meister war doch das Beste gerade gut genug.

Maria jedoch störte der Eifer ihrer Schwester wenig. Sie setzte sich seelenruhig dem Herrn zu Füßen und hörte seinen Worten zu. Für sie als Frau war das schließlich eine einmalige Gelegenheit. Jetzt kann sie die Botschaft des Glaubens aus erster Hand hören.

Marta wurde allmählich ein wenig verärgert. Das kann man auch gut verstehen. Und so wandte sie sich an Jesus mit der vorwurfsvollen Frage, ob es ihn denn nicht kümmere, dass Maria ihr die ganze Arbeit allein überließ: „Sag ihr doch, sie soll mir helfen!“ Auf ihn, so meinte sie, würde ihre Schwester sicher hören.

Doch sie hat Pech gehabt. Jesus sagte: „Marta, Marta, du machst dir viele Sorgen und Mühen. Aber nur eines ist notwendig. Maria hat den guten Teil gewählt, der wird ihr nicht genommen werden.“

Fast könnte einem die fleißige Marta leidtun. Der Herr anerkannte ihre Mühe, weist sie aber liebevoll hin, es wäre auch für sie besser, sich für ihn Zeit zu nehmen und ihm zuzuhören, wenn er nun schon einmal da ist.

Ich denke, wenn wir die beiden Frauen betrachten, gibt es nicht ein „entweder-oder“, sondern nur ein „sowohl-als-auch“. Es gibt die Beterin und die Arbeiterin. Es gibt die fromme Maria und die fleißige Marta. Es gibt das „ora et labora“, das bete und arbeite. Beides ist wichtig und in einem Christenleben notwendig. Beides aber eben zur rechten Zeit. Das gilt auch im Leben eines Priesters. Der Priester braucht Zeiten des Gebetes und natürlich gibt es die Zeiten des Arbeitens.

Ein zweites können wir sehen. Beide, Marta wie Maria, glaubten an den Herrn. Beide liebten ihn. Der Evangelist Lukas zeigt uns in dieser Begebenheit schlicht und einfach, dass es verschiedenen Menschen auf verschiedene Weise möglich ist, Gott nahe zu kommen.

So hat die Kirche immer die beiden Typen gebraucht und braucht sie noch bis heute, die mehr handfesten und die mehr kontemplativen. So gibt es zum Beispiel auch ganz strenge Orden, die sich fast ausschließlich auf das Gebet konzentrieren, und es gibt Klöster, die soziale Berufe ausüben.

Für uns ist manchmal die Schwierigkeit im konkreten Leben zu unterscheiden. Manchmal wissen wir nicht, soll ich eine Marta oder eine Maria sein? Wer ist im Moment mehr gefragt? Der Heilige Geist wird es uns sagen. Haben wir ein großes Vertrauen zu Gottes Führung und lassen wir uns dann von unserem Gewissen leiten. Amen.


© Pfarrer Christian Poschenrieder 2024