29. Sonntag im Jahreskreis C 2022
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29. Sonntag im Jahreskreis 2022 C

Messtexte | Word-Dokument

Im heutigen Evangelium werden wir an das Beten erinnert. Es geht in erster Linie um das Bittgebet. Zuerst sagt Jesus, wir sollen allezeit beten. Damit sind alle Gebetsformen gemeint. Dann geht es aber mehr um das Bittgebet. Eine arme Witwe bittet den Richter um ihr Recht. Sie bittet in besonders nachhaltiger Weise. Sie bittet sehr aufdringlich, ja sogar so, dass der Richter Angst vor ihr bekommt. Wenn er es nicht macht, schlägt sie ihn vielleicht noch ins Gesicht. Und aus diesem Grund erfüllt er ihre Bitte.

Gott bekommt sicherlich nicht Angst vor uns, wenn wir aufdringlich bitten, aber er möchte, dass wir es tun. Er möchte, dass wir Vertrauen haben und nicht nachlassen zu bitten. Er wird uns zu unserem Recht verhelfen.

Warum aber möchte er das? Weiß er nicht all unsere Bitten? Als allmächtiger Gott ist er allwissend und kennt unser Herz durch und durch! Wir können nichts vor ihm verbergen. Und doch will er, dass wir es ihm sagen.

Eine Mutter kennt auch ihr Kind. Sie kennt ihr Kind nicht durch und durch, aber doch sehr gut, und sie weiß, was es gernhat. Und manchmal wartet sie darauf, dass das Kind bittet. Sie möchte, dass es fragt: „Darf ich bitte die Schokolade haben? Darf ich bitte spielen gehen?“

So will Gott also auch, dass wir ihm unsere Wünsche sagen: Schenk mir weiterhin viel Gesundheit oder lass mich gesund werden! Lass mich weiterhin glücklich mit meinem Ehepartner leben, ohne viel zu streiten, usw.

Gott ist der barmherzige Vater, der nur das Beste für seine Kinder will.

Und wie ist es oft bei den Kindern? Sie können wirklich bitten und betteln. Sie bitten mit Ausdauer, weil sie wissen, die Eltern lassen sich vielleicht doch umstimmen.

Wie oft war das bei mir, dass Ministranten, Kinder in der Schule oder bei einem Lager oder sonst wo, mich um etwas angebettelt haben, solange bis ich dann doch „Ja“ gesagt habe. Natürlich gibt es auch Grenzen. Manchmal muss man auch „Nein“ sagen.

Und so ist es auch bei Gott. Es kommt vor, dass uns Gott, wenn wir ihn um etwas bitten, nicht erhört. Eltern erfüllen nicht immer die Wünsche der Kinder. Manchmal können sie sie gar nicht erfüllen, denn es würde den Kindern schaden. Die Kinder sind noch zu klein, um das zu verstehen. Ja, es kann dann sogar geschehen, wenn Kinder zu sehr lästigfallen, dass man ihnen die Grenzen aufzeigen muss. Es ist wichtig, dass Kindern auch wissen, wann mit dem Betteln Schluss ist. Aber das meint Gott nicht mit dem inständigen Gebet.

Wie ist das bei Gott? Was ist, wenn ich Stunden, Tage, Monate, ja vielleicht Jahre um etwas bete und Gott erhört es nicht? Was ist dann?

Dann ist das eine große Prüfung. Nach einer gewissen Zeit kann es sein, dass wir merken, warum er den Wunsch nicht erfüllt. Und manchmal ist der Grund der, dass wir nämlich dann aufgehört hätten zu beten. Und das will Gott nicht.

Später kann es sein, dass wir merken, dass es vielleicht gar nicht gut gewesen wäre, wenn Gott es jetzt schon erfüllt hätte. Oder dass es sogar gar nicht gut gewesen wäre, wenn er es überhaupt getan hätte. Es ist wie bei Kindern. Wir verstehen so manches einfach noch nicht.

Aber es kommt die Zeit, da kann folgendes passieren. Wenn wir nämlich richtig beten, dann wird nicht Gott umgestimmt, sondern dann wird unser Wille langsam dem Willen Gottes ähnlich. Entweder erhört Gott unseren Willen etwas später oder es ist plötzlich nicht mehr unser Wunsch in dieser Form. Unser Bitten kann eine andere Richtung bekommen. Gott weiß genau, was wir brauchen, und er kennt auch unsere geheimsten und innersten Sorgen. Er weiß, was wir wirklich brauchen, und das wird er uns schenken.

Eines dürfen wir sicher sein. Gott überhört kein Gebet. Das wahre, demütige und vertrauensvolle Gebet ist nie umsonst. Dieses Vertrauen dürfen wir wirklich haben. Amen.


© Pfarrer Christian Poschenrieder 2024