6. Sonntag im Jahreskreis 2022 C
Messtexte | Word-Dokument
Dieses Evangelium klingt sehr hart in unseren Ohren! „Selig, ihr Armen ... Selig, die ihr jetzt hungert.“ Die Worte werden noch heftiger durch die Wehrufe über die Reichen: „Aber weh euch, ihr Reichen ... Weh euch, die ihr jetzt satt seid.“ Armut und Hunger sind doch kein Glück! Reichtum kann doch nicht von vornherein Sünde und Unrecht sein!
Wir müssen andere Stellen im Evangelium betrachten, dann werden wir auch diese Sätze im richtigen Licht sehen. Wie oft ruft Jesus eindringlich auf, den Armen zu helfen und sie aus ihrer Armut und Hungersnot zu befreien! Einmal sagt er zu einem Mann: „Verkauf deine ganze Habe und gibt den Erlös den Armen.“ Im letzten Gericht entscheidet sich das Urteil über uns daran, ob wir den Armen geholfen haben oder nicht, ob wir den Hungrigen zu essen gegeben und den Durstigen zu trinken gegeben haben oder nicht.“ „Denn all das habt ihr mir getan“, sagt Jesus.
Große Heilige wie der hl. Martin, die hl. Elisabeth, und viele mehr werden uns als leuchtende Vorbilder vor Augen gestellt. Armut soll also abgeschafft oder wenn dies nicht möglich ist, wenigstens gemildert werden.
Es ist gegen Jesu Willen, die Menschen, die am Rande der Gesellschaft leben, ihrem Schicksal zu überlassen. Jesus will keine ewige, scharfe Trennung zwischen Reichen und Armen. Und doch preist er die Armen selig und droht den Reichen.
Einmal bringt Jesus einen drastischen Vergleich: „Eher geht ein Kamel durch ein Nadelohr, als ein Reicher ins Himmelreich.“ Wie leicht wird das Geld zu einem Götzen! Jeder kennt die Gefahr des Geldes. Man kann plötzlich nicht mehr genug bekommen. Die Gier nach immer mehr hält uns gefangen.
Ich habe einmal vor vielen Jahren in der Schule ein Experiment gemacht. Das Thema der Religionsstunde war der hl. Johannes Bosco und dann sein Schüler, der hl. Dominikus Savio, der in jungen Jahren gestorben ist.
Der hl. Don Bosco hat sich im 19. Jahrhundert besonders um verwahrloste Burschen gekümmert. Einmal an seinem Namenstag, am 24.6., sagte er zu seinen Burschen, weil er sich über die Glückwünsche so gefreut hat, sie dürfen sich von ihm etwas wünschen und diesen Wunsch auf einen Zettel schreiben. Wenn er die Möglichkeit hat, wird er es ihnen erfüllen. Ich habe den Schülern dann 2 besondere Wünsche dieser Burschen vorgelesen. Einer wünschte sich 100 kg Mandelkuchen, den er so gern hat. Er möchte für das ganze Jahr Mandelkuchen. Und Dominikus Savio schrieb auf den Zettel: „Helfen sie mir, heilig zu werden.“ Und dann sagte ich: Auch ich möchte jetzt, dass ihr eure Wünsche an mich auf einen Zettel schreibt. - Meine Botschaft ist nicht recht rübergekommen. Die Schüler fragten mich sofort, ob sie, wenn sie sich Geld wünschen, das bekommen würden. Daraufhin sagte ich: Ich werde einen Betrag auf einen Zettel schreiben. Wer sich diesen Betrag wünscht oder weniger, der bekommt diesen Betrag. Wer sich mehr wünscht, der nicht. Keiner bekam von mir ein Geld. Ich schrieb 10.- Cent darauf. Fast alle haben sich Geld gewünscht. Der häufigste Wunsch war ein Euro. Nur ein einziger schrieb auf den Zettel: Ich möchte heilig werden.
Es ist damals nicht anders wie heute. Die Gier nach Geld hält uns oft gefangen. Auch der Geiz ist nicht immer bei den Armen zu finden. Sogar die Sünde des Neides erleben wir überraschenderweise auch bei denen, die nicht die Ärmsten sind.
Wenn wir nun die genaue Absicht Jesu mit den Seligpreisungen wissen wollen, werden wir feststellen, dass Jesus nicht grundsätzlich jeden Reichen verurteilt. Er ist zufrieden, wenn ein Zöllner Matthäus nicht alles hergibt, sondern nur einen gewissen Teil den Armen schenkt. Er erwähnt kein Wort beim Ratsherrn Nikodemus etwas herzugeben, der sicherlich nicht zu den Armen gezählt wird. Auch die Kirche hat sich nicht nur bei der Heiligsprechung auf arme Menschen beschränkt. Ein heiliger Kaiser Heinrich hatte sicherlich bis zu seinem Tod großen Besitz und auch unser Diözesanpatron Markgraf Leopold war kein armer Herrscher, sonst hätte er nicht seine Klöster, die er gegründet hat, reich ausstatten können. Die Absicht Jesu muss also anders verstanden werden. Die Antwort auf den Reichtum muss lauten: Man soll nicht am Geld kleben. Man soll nicht um das Geld tanzen, wie man um das Goldene Kalb tanzte, sondern man soll einen helfenden Blick für die Armen haben. Man soll ein offenes Herz für die Not des Nächsten haben. Du sollst helfen, wo du helfen kannst. Amen.