8. Sonntag im Jahreskreis 2022 C
Messtexte | Word-Dokument
Über zwei Fragen, die heute im Evangelium von Jesus gestellt werden, möchte ich predigen: 1. „Kann etwa ein Blinder einen Blinden führen?“ 2. „Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem eigenen Auge bemerkst du nicht?“ Es geht bei beiden Fragen um das Sehen, um das Schauen, um das Auge!
Von Gott selbst heißt es oft, dass er auf uns herabschaut. Ein paar Beispiele möchte ich bringen: Maria betet bei der Begegnung mit Elisabeth im bekannten Magnificat: „Auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut.“
Gott schuf am Anfang Himmel und Erde und sah, dass es gut war. Er hat dann den Menschen erschaffen, dem er das Augenlicht schenkte, damit er diese gute, schöne Welt auch anschauen kann. Doch der erste Mensch sündigte und die Welt war seither unvollkommen. Als Eva im Paradies umherging, sah sie, wie köstlich die Frucht vom Baum in der Mitte wäre und aß unerlaubterweise. Der Mensch versteckte sich daraufhin und Gott suchte den Menschen. Er möchte ihn sehen. Wiederum möchte er ihn anschauen.
Als die Israeliten in Ägypten viel Leid ertragen musste, bemerkte Gott die Not seines Volkes in Ägypten, und Gott sagte zu Mose: Ich habe das Elend meines Volkes gesehen.
Jesus selbst hat in den drei Jahren seines Wirkens immer wieder den Menschen in besonderer Weise angeschaut. Denken wir an Petrus, der ihn zuerst verleugnete, aber dann auch bekannte, dass er ihn liebt. Immer war dieser liebevolle Blick Jesu da. Es war ein Blick ins Herz des Menschen.
Wir haben das Augenlicht von Gott bekommen, um zu sehen. Mit den Augen können wir wahrnehmen. Natürlich gibt es Menschen, die leider nicht so gut sehen und manche sind auch blind. Diesen Leuten muss man helfen. Doch ein Blinder wird einem anderen Blinden nicht helfen können. Beide werden nicht ans Ziel kommen. Sie werden gemeinsam in eine Grube fallen. Im übertragenen Sinn müssen wir sagen, dass keiner, dem eine Führungsaufgabe übertragen ist, blind sein darf, sonst gibt es ein Unglück. Er muss sich auskennen. Der Schüler steht nicht über dem Meister. Ein Bergführer kann den Weg zeigen, weil er sich auskennt, weil er nicht blind ist. So ist es im geistlichen Leben auch. Wir brauchen Menschen, die uns zu Gott führen können. So ein geistlicher Begleiter darf nicht blind sein.
Um eine Überleitung zum zweiten Fragesatz zu machen, könnte man sagen: Der geistliche Begleiter darf keinen Balken im Auge haben. Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders und den Balken in deinem eigenen Auge siehst du nicht? Den Splitter im Auge unseres Nächsten sehen wir oft sehr gut. Das heißt: Manchmal sehen wir zu viel. Das ist eine alte Erfahrung. Wir haben da eine besondere Fähigkeit, die Sünden des anderen gut zu entdecken. Die eigenen Sünden sind aber oft für uns unsichtbar. Und wenn wir sie sehen, finden wir oft eine Entschuldigung. Wenn wir in einen Spiegel schauen, dann können wir uns genau betrachten und sehen eventuell bei uns Schmutz. Wir sehen den äußeren Schmutz. Um den inneren Schmutz zu entdecken, müssen wir einen Gewissenspiegel hernehmen. Hier finden wir inneren Schmutz, d.h. Sünden, die Gott beleidigt haben. Jesus sagt, dass da manchmal sogar ein Balken entdeckt werden kann. Es kann durchaus sein, dass es nicht nur leichte Sünden sind, sondern dass es etwas Schwereres ist als ein Splitter.
Diese Ermahnung Jesu, die wir nicht immer gerne hören, stehen in der Hl. Schrift, um uns wachzurütteln, damit wir aufpassen. Sie sollen eine Hilfe für uns sein. Jesus möchte, dass unser Leben hier auf Erden gelingt. Er sieht aber auch immer das ewige Leben. Wir können daher sagen, dass das Leben hier auf Erden gelungen ist, wenn wir einmal das ewige Leben erreicht haben. Dazu sind seine Ermahnungen da, die uns nie belasten wollen, sondern ermutigen wollen, das Gute zu tun. Amen.