6. Sonntag im Jahreskreis C 2025
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6. Sonntag im Jahreskreis 2025 C

Messtexte | Word-Dokument

Das heutige Evangelium unterscheidet sich von den acht Seligpreisungen bei Matthäus: Lukas zählt nur vier auf und fügt stattdessen vier Wehrufe hinzu. Diese können uns erschrecken und irritieren: Weh euch, die ihr reich seid. Weh euch, die ihr jetzt satt seid. Weh euch, die ihr jetzt lacht. Weh euch, wenn ihr gelobt werdet.

Solche Worte aus dem Mund Jesu? Das klingt fast wie eine Drohung! Ist das die frohmachende Botschaft? Was will Jesus uns damit sagen? Meint er uns hier im Westen, in unserer Wohlstandsgesellschaft? Wir haben genug zu essen, Freizeitangebote im Überfluss und materielle Sicherheit. Ist das etwa schlecht? Sollen wir hungern?

Die Worte Jesu erinnern uns an die Begegnung mit dem reichen Jüngling, der traurig weggeht, als Jesus ihn auffordert, seinen Besitz den Armen zu geben. „Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als ein Reicher ins Himmelreich.“ Diese Aussage beunruhigt, doch sie will nicht pauschal alle Reichen verdammen.

 

1. Wehruf: Die Gefahr des Reichtums

Geld kann leicht zum Götzen werden. Die Gier nach mehr fesselt uns. Geiz ist oft nicht bei den Armen zu finden, sondern bei Wohlhabenden. Sogar Neid tritt nicht selten bei denen auf, die selbst viel besitzen. Doch Jesus verurteilt nicht den Besitz an sich: Der Zöllner Matthäus gibt nur einen Teil seines Vermögens weg, und Jesus akzeptiert es. Nikodemus bleibt wohlhabend, ohne dass Jesus ihn zur Aufgabe seines Besitzes auffordert. Auch die Kirche hat Heilige nicht nur unter den Armen gefunden: Kaiser Heinrich blieb bis zu seinem Tod wohlhabend, und Markgraf Leopold konnte nur durch seinen Besitz Klöster gründen und fördern. Entscheidend ist nicht der Reichtum, sondern unsere Haltung dazu: Tanzen wir um das Geld wie einst das Volk Israel um das goldene Kalb?

 

2. Wehruf: Die Satten und das fehlende Mitgefühl

Der zweite Wehruf richtet sich gegen die Satten, die kein Herz für andere haben. Es geht nicht um das bloße Sattsein, sondern um die Haltung: „Hauptsache, mir geht es gut.“ Wer nur sich selbst sieht und die Not anderer ignoriert, verschließt sein Herz vor der Liebe Gottes.

 

3. Wehruf: Das Lachen: Freude oder Hohn?

Auch der dritte Wehruf wirft Fragen auf: Darf man nicht mehr fröhlich sein? Ist Lachen verwerflich? Nein, Jesus verbietet nicht die Freude. Doch es gibt ein Lachen, das uns von Gott entfernt: das Auslachen, das Verspotten, das höhnische Belächeln anderer. Schadenfreude ist nicht die Freude, die Jesus uns schenken will. Und denken wir daran: Der Teufel lacht, wenn ein Mensch in die Sünde fällt. Dieses Lachen ist nicht befreiend, sondern zerstörend.

 

4. Wehruf: Anerkennung und Hochmut

Der letzte Wehruf betrifft das Gelobtwerden. Lob kann guttun, aber es birgt die Gefahr des Hochmuts. Wer sich nur von Beifall leiten lässt, verliert die Demut und sucht eher die Zustimmung der Menschen als den Willen Gottes. Zudem kann man es nicht jedem recht machen. Selbst Jesus wurde nicht von allen geliebt – seine Feinde brachten ihn ans Kreuz. Wer immer nur Lob erhält, sollte sich fragen, ob er wirklich auf dem Weg Christi ist. Die Wahrheit kann unbequem sein, Widerspruch auslösen, aber sie befreit.

 

Der Weg zu Christus

Wenn wir die Wehrufe richtig verstehen, zeigen sie uns den Weg zu Jesus. Sie warnen uns davor, in egoistischem Reichtum, Gleichgültigkeit, Spott oder Selbstgefälligkeit zu verharren. Die Seligpreisungen trösteten einst die Armen und Verfolgten, und auch heute geben sie uns Hoffnung. Lassen wir uns von den Worten Jesu leiten und richten wir unser Leben nach seinem Vorbild aus. Amen.


© Pfarrer Christian Poschenrieder 2025