6. Ostersonntag C 2025
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6. Ostersonntag 2025 C

Messtexte | Word-Dokument

„Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch; nicht einen Frieden, wie die Welt ihn gibt, gebe ich euch.“ – Diese Worte Jesu aus dem Johannesevangelium, die wir eben gehört haben, stehen heute im Mittelpunkt meiner Predigt.

Frieden – ein Wort, das wir alle kennen. Ein Zustand, den wir uns alle ersehnen. Und doch erleben wir täglich, wie zerbrechlich und selten er ist.

Wir brauchen nur die Nachrichten einzuschalten, und schon begegnen uns Bilder von Krieg, Terror, Verfolgung und Leid. Millionen Menschen sind auf der Flucht. Familien werden auseinandergerissen. Viele sehnen sich nach einem dauerhaften, verlässlichen Frieden – im eigenen Land, in der Welt, aber auch im eigenen Herzen.

Dabei ist das Streben nach Frieden keine neue Erscheinung. Das 20. Jahrhundert hat uns mit zwei Weltkriegen schmerzlich vor Augen geführt, wohin Hass und Gewalt führen. „Nie wieder Krieg!“, hieß es danach. Und doch sind Konflikte geblieben – weltweit und oft sogar in unserem eigenen Leben.

Die Bibel zeigt uns, dass der erste Unfriede nicht zwischen Völkern, sondern zwischen Mensch und Gott entstand. Im Paradies, wo Friede herrschte, lehnten sich unsere Stammeltern gegen Gott auf. Die Sünde trennte sie von ihm – und damit auch voneinander. Der erste Mord ließ nicht lange auf sich warten: Kain erschlug seinen Bruder Abel.

Doch Gott ließ den Menschen nicht im Chaos zurück. Nach der Sintflut schloss er einen Bund mit Noah. Die Taube mit dem Ölzweig wurde zum Symbol dieses Neuanfangs – ein Zeichen des Friedens zwischen Gott und Mensch.

In der Heiligen Nacht erfüllte sich dieser Friede auf einzigartige Weise: Der Sohn Gottes kam als Friedensfürst auf die Welt. Die Engel verkündeten es auf den Feldern von Betlehem: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede den Menschen auf Erden, die guten Willens sind.“

Jesus selbst ist der Friede Gottes, der unter uns wohnt. Und so grüßt er nach seiner Auferstehung seine Jünger immer wieder mit den Worten: „Friede sei mit euch!“ Nicht oberflächlicher Friede, nicht bloße Waffenruhe, sondern Friede des Herzens. Ein Friede, der trägt – selbst durch Leid, Zweifel und Tod hindurch.

Nicht zu Unrecht trägt der Gottesacker, der Ort, wo wir unsere Verstorbenen bestatten, den Namen Friedhof. Und auf den Grabsteinen lesen wir immer wieder die Worte: Ruhe in Frieden. Der Priester, wenn er für die Verstorbenen betet, gibt ihnen den Segen mit den Worten: Herr, lass sie ruhen in Frieden. Auch in der heiligen Messe erinnern wir uns immer wieder an das hohe Gut des Friedens nicht nur im Friedensgruß, sondern auch beim Lamm Gottes, wenn wir beim dritten Mal beten: „Gib uns deinen Frieden“!

Doch was meint dieser Friede genau? Es gibt drei Dimensionen des Friedens: Es gibt den Frieden mit Gott, den Frieden mit dem Menschen und den Frieden mit sich selbst. Das entspricht etwa der Gottesliebe, der Nächstenliebe und der Eigenliebe. Alle drei Arten des Friedens sind erstrebenswert, doch die Reihenfolge ist wichtig. Wer die Reihenfolge vertauscht, kommt in Schwierigkeiten und kann sehr wohl in den Unfrieden gelangen. „Lieber echter Friede mit Gott, als fauler Friede mit der Welt.“

Du wirst nicht den Frieden haben, wenn du zustimmst, wenn jemand zu dir sagt: Du musst mir helfen, ein krummes Ding zu drehen, sonst sind wir keine Freunde mehr. Hier steht der Friede zum Menschen über den Gottesfrieden.

Oder es kann sein, dass die Eigenliebe über der Gottesliebe siegt, wenn du in der Früh zu dir sagst: Ich bleibe lieber im Bett liegen und gehe nicht in die Sonntagsmesse. Es stört den Frieden mit Gott!

Darum sagt Jesus: „Meinen Frieden gebe ich euch.“ Nicht irgendeinen Frieden. Seinen Frieden. Der Friede Christi erfüllt das Herz, besonders nach einer guten Beichte, wenn wir spüren: Jetzt ist alles wieder gut zwischen Gott und mir. Das ist der Friede, den die Welt nicht geben kann. Und eines Tages, so hoffen wir, wird uns dieser Friede nie mehr genommen. In der Ewigkeit wird Gott selbst „alle Tränen von unseren Augen abwischen“ – und der Friede wird vollkommen sein.

Bitten wir darum: Herr, gib uns deinen Frieden – heute, morgen und in Ewigkeit. Amen.


© Pfarrer Christian Poschenrieder 2025